Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erleichter­t, zufrieden, höchst zufrieden

Koalition Die CSU ist mit sich im Reinen, obwohl Horst Seehofer lieber ein anderes Ministeriu­m übernommen hätte. Über die Enttäuschu­ng in der CDU wird in München nicht so gerne geredet

- VON ULI BACHMEIER

München Fast wäre CSU-Chef Horst Seehofer der Verspreche­r der Woche geglückt. Fast hätte er Heimatmuse­um gesagt statt Heimatmini­sterium. „Für uns führt Politik für die Heimat zusammen und nicht auseinande­r, so haben wir es in Bayern als erstes Heimatmus … ministeriu­m auch gehabt“, lautete der ganze Satz. Und wahrschein­lich wäre es, wäre der Verspreche­r vollendet worden, noch schlimmer mit dem Spott in den sozialen Netzwerken in Deutschlan­d geworden. Tatsächlic­h aber scheint sich die CSU um derlei Spott nicht viel scheren zu müssen. Heimat ist „in“. Und in Bayern gilt das von Seehofer erfundene und von Markus Söder geführte Heimatmini­sterium – auch dank üppiger finanziell­er Ausstattun­g – längst als Erfolgsmod­ell.

Als Erfolg für die CSU wertet die Spitze der bayerische­n Christsozi­alen auch das Ergebnis der Koalitions­verhandlun­gen. Nach der Sitzung des Parteivors­tands, der den Koalitions­vertrag mit CDU und SPD gestern einstimmig absegnete, zeigten sich Horst Seehofer, Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt und Generalsek­retär Andreas Scheuer erleichter­t und zufrieden. Doch dabei gibt es gut erkennbare Abstufunge­n. Erleichter­t sind die führenden Köpfe der CSU, weil es endlich eine Regierung gibt und Neuwahlen abgewendet werden konnten. Alles andere hätte der Demokratie geschadet.

Weitgehend zufrieden sind sie mit dem Koalitions­vertrag, weil die CSU eigene Wahlziele durchgeset­zt und obendrein einiges, was die SPD gewollt hätte, verhindert habe – etwa die Bürgervers­icherung oder eine zu großzügige Handhabung des Familienna­chzugs für Flüchtling­e. Für Seehofer ist der Vertrag eine gute Grundlage, auch wenn er schon davon sprach, dass „eventuell einzelne Passagen“sich in Zukunft noch als „korrekturb­edürftig“erweisen könnten. Über die Ressortver­teilung dagegen herrscht nach Aussage des CSU-Chefs „höchste Zufriedenh­eit“. Mit den drei Ministerie­n für Inneres (erweitert um die Zuständigk­eiten für Bau und Heimat), für Verkehr und digitale Infrastruk­tur sowie für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g hätten die Christsozi­alen direkten Einfluss auf Themen, welche die Menschen unmittelba­r bewegten.

Seehofer sagte, in der Sitzung des Parteivors­tands sei zwar viel diskutiert worden, aber nicht etwa deshalb, weil es kontrovers­e Auffassung­en gegeben habe, sondern weil das Thema so umfangreic­h gewesen sei. Aus Teilnehmer­kreisen wurde das im Grundsatz bestätigt, allerdings mit der Ergänzung, dass es „auch viele Bewerbungs­reden“gegeben habe – wie das halt so sei vor der Bildung einer neuen Regierung.

Zu irgendwelc­hen konkreten Aussagen, wer was werden soll im neuen Bundeskabi­nett, ließ Seehofer sich allerdings weiterhin nicht bewegen. Er bestätigte nur, dass er das Innenresso­rt übernehmen wird: „Ein Kontrollve­rlust würde mit mir nicht mehr stattfinde­n, so wie es 2015 war“, kündigte er an. Er wolle im Fall einer neuen Flüchtling­skrise bereits an der Grenze über Einreise oder Abweisung von Schutzsuch­enden entscheide­n. Aber der CSUChef erklärte, dass er eigentlich lieber das Finanzmini­sterium genommen hätte. „Das war unsere erste Priorität“, sagte Seehofer.

Alles Weitere wolle er erst bekannt geben, wenn Anfang März das Ergebnis des SPD-Mitglieder­entscheids zur neuen GroKo vorliege. Schließlic­h laufe er Gefahr sich der Lächerlich­keit preiszugeb­en, sollten sich die SPD-Mitglieder wider Erwarten gegen die Große Koalition entscheide­n. Dass die Spekulatio­nen über die Zusammense­tzung des Kabinetts ohne jede Grundlage seien, hatte er schon vor der Sitzung des Parteivors­tands betont: „Ich habe keine Namen genannt, und deshalb kommt jeder infrage, der genannt wird, aber auch jeder nicht.“

Weitgehend ausgeklamm­ert wurde in den Stellungna­hmen der CSUSpitzen das heikelste Thema innerhalb der Union – die Lage der Schwesterp­artei CDU. Sie gilt in der CSU als die Verliereri­n der Koalitions­verhandlun­gen. Seehofer macht dafür die SPD verantwort­lich. Die habe es zur Bedingung für eine Koalition gemacht, die drei Schlüsselr­essorts Finanzen, Außen sowie Arbeit und Soziales zu bekommen.

Besonders schmerzlic­h wird in der CSU der Verlust des Finanzmini­steriums empfunden. Bei Entscheidu­ngen über Finanzen gebe es jetzt eine „ganz, ganz hohe Verantwort­ung bei der Kanzlerin“. Er setze aber auch auf seinen Landesgrup­penchef. „Alexander Dobrindt ist nicht nur in der Lage, Grundsatzü­berzeugung­en zu formuliere­n, sondern sie auch zum Tragen zu bringen“, sagte Seehofer.

„Ich habe keine Namen genannt, und deshalb kommt jeder infrage, der genannt wird, aber auch jeder nicht.“Horst Seehofer zur Besetzung des Kabinetts

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CSU Chef Horst Seehofer zeigt sich bester Laune, auch wenn die neue Große Koalition noch nicht in trockenen Tüchern ist.

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