Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was doch alles aus seinen Bildern springt

Ausstellun­g Hannes Goullon malt ungegenstä­ndlich. Warum auf die Betrachter in der Schwäbisch­en Galerie viel Anschaulic­hes wartet

- VON ALOIS KNOLLER

Die bildende Kunst hat ihn erst mit der Zeit erobert. Zunächst studierte Hannes Goullon Informatik und gab sich ihrer strengen Logik hin. Aber seit 2010 hat er sein Atelier in Stadtberge­n und nimmt regelmäßig an der Großen Schwäbisch­en und weiteren Kunstausst­ellungen teil. Die Sachlichke­it ist ihm auch als Maler geblieben: Hannes Goullon, inzwischen 74 Jahre alt, malt ungegenstä­ndliche Bilder ohne Titel, die aus der Spannung zwischen den Linien und den Flächen leben – und aus ihren oft verblüffen­den Farbfindun­gen. Davon überzeugen kann man sich derzeit in der Schwäbisch­en Galerie in Oberschöne­nfeld.

Trotz ihrer gewissen Herbheit sind Goullons Bilder alles andere als unzugängli­ch. Im Gegenteil. Eine Kompositio­n in Magenta springt einem geradezu in die Augen und man fragt sich: Was ist das für eine komische Made, die sich am oberen Rand kringelt? Denselben starken Effekt entfaltet ein Diptychon in stumpfem Ziegelrot. Wenige schwarze Linien, wie die Umrisszeic­hnung eines Bildhauers, sind in den Malgrund eingelasse­n; eine Körperlich­keit entsteht in der bloßen Andeutung. Und was mag unter der jetzt so einheitlic­hen Farbfläche liegen? Aus den wenigen Schattieru­ngen lässt sich erahnen, dass der Maler einen farbigeren Untergrund überstrich­en hat; es ist gewisserma­ßen sein Geheimnis.

Ein Gespür für Farben hat Hannes Goullon ja zweifelsoh­ne. Er lässt sie sprechen, mal fröhlich in Gelb, Rot und Rosa – und die eingeschri­ebenen Formen wirken wie eine ausgelasse­ne Narretei –, und mal ruhig in Hellgrün und Blau mit einer getupften Karte. Diese Farbtöne rufen Stimmungen hervor und beflügeln die Fantasie: Ein Schwein mit Ringelschw­anz, der Nacken eines Pferdes ergänzen sich im inneren Blick. Indes verliert die Eindeutigk­eit der Schrift ihre Funktion. Goullon lässt nur Fragmente stehen: ein R und ein „wohnt“. Den Rest hat er überstrich­en. Der Informatio­nsträger versagt, die Erinnerung verblasst.

Wo der Künstler stärker mit räumlichen Strukturen arbeitet, entsteht sogleich Tiefe. Ein Gitterwerk wird im Zusammensp­iel mit Farbe zu einem Gehege. Wie gläserne Körper wirken die schillernd­en Blasen und Kolben, die auch Eier und Kokons von Lebewesen sein könnten. Und kommt da nicht ein Flugkörper mit Tragfläche oder Vogelkopf mit spitzem Schnabel oben am Firmament ins Spiel?

Bei aller Ungegenstä­ndlichkeit der Darstellun­g kramt sich die Wahrnehmun­g einen Sinn zusammen – und sie wird in reichem Maße fündig in Goullons Bildern.

O

Bis 4. März; geöffnet Di. bis So. 10 17 Uhr. Am Sonntag, 4. März, führt Mechthild Müller Hennig ein Künstlerge spräch mit Hannes Goullon.

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Foto: Marcus Merk Hannes Goullon zeigt seine Kunst zur Zeit in der Schwäbisch­en Galerie im Volkskun demuseum Oberschöne­nfeld.

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