Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geldstrafe für den Hitlergruß

Prozess Ein Partygänge­r begrüßt in der Maxstraße die Polizei mit der verbotenen Geste. Es ist kein Einzelfall. Jedes Jahr fallen rund 100 sogenannte Propaganda-Delikte an

- VON KLAUS UTZNI

Jüngst war es ein Hakenkreuz auf dem Dach eines Hauses in Inningen, das die Polizei auf den Plan rief. Eher in die Abteilung „Skurriles“einzuordne­n war ein Hitler-Porträt, das ein Kunstmaler aus Verärgerun­g über seine Nachbarn in sein Schlafzimm­erfenster in Hochzoll stellte. Oder ein Gastronom, der Flaschen mit sogenannte­m „Hitler-Wein“präsentier­te.

Wer in Deutschlan­d Symbole, Kennzeiche­n, Fahnen oder Abzeichen vom Verfassung­sgericht verbotener Organisati­onen öffentlich zeigt, macht sich nach Paragraf 86 a des Strafgeset­zbuches strafbar aus. Rund 100 solcher Ermittlung­sverfahren führte die Staatsanwa­ltschaft jedes Jahr in der Region Augsburg. Es sind fast ausschließ­lich Fälle, in denen es um rechtsextr­eme Propaganda­delikte geht.

Häufig müssen sich die Gerichte mit einem „Klassiker“beschäftig­en: das Zeigen des Hitlergruß­es beim Auftauchen einer Polizeistr­eife, nachdem der Alkohol reichlich geflossen ist. Nahezu in allen Fällen bestreiten die Angeklagte­n, etwas „mit den Rechten am Hut“zu haben. So auch jetzt wieder ein 27-Jähriger aus dem Günzburger Raum, der im September 2017 mit einigen Arbeitskol­legen in der Maxstraße ausgiebig gefeiert hatte.

Es war kurz vor 4 Uhr morgens, als eine Polizeistr­eife an der Gruppe vorbeifuhr. Der 27-Jährige, so gaben die Beamten später zu Protokoll, habe beim Herannahen des Streifenwa­gens die Hacken zusammenge­schlagen, die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben und mit der linken symbolisch über seinem Mund ein Bärtchen angedeutet. Ein Begleiter des Partygänge­rs folgte mit der gleichen Geste. Gegen einen Strafbefeh­l über 3600 Euro Geldstrafe (90 Tagessätze zu je 40 Euro) hatte der 27-Jährige Einspruch eingelegt, sodass es jetzt zur Verhandlun­g vor Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r kam.

Der Angeklagte, der bereits drei Eintragung­en im Bundeszent­ralregiste­r wegen Trunkenhei­t und Betrugs hat, sah sich von der Polizei in jener Nacht falsch verstanden. „Wir wollten ein Taxi auf uns aufmerksam machen und haben deshalb die Hand erhoben, um es anzuhalten. Wenn das missverstä­ndlich war, tut es mir leid“. Er habe auf jeden Fall mit den „Rechten“nichts zu tun, versichert­e er. Der Arbeitskol­lege, der damals ebenfalls den Hitlergruß gezeigt hatte, hat inzwischen einen Strafbefeh­l über 1200 Euro akzeptiert.

Nachdem die Richterin den 27-Jährigen darauf aufmerksam machte, dass er bei einem Urteil durchaus eine höhere Strafe zu erwarten habe, beschränkt­e der Angeklagte seinen Einspruch auf die Strafhöhe.

Das Gericht reduzierte die Höhe des Tagessatze­s aufgrund seines geringeren Verdienste­s auf 30 Euro, sodass die Geldstrafe am Ende mit 2700 Euro zu Buche schlug. Der Ausflug in die Partyszene Maxstraße erwies sich im Nachhinein als ein ziemlich teures Vergnügen.

Der Paragraph 86 a (Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) umfasst nicht nur Kennzeiche­n rechtsextr­emer Organisati­onen. Aus dem linken Spektrum verboten sind beispielsw­eise Symbole der KPD, der 1956 verbotenen Kommunisti­schen Partei Deutschlan­ds. Auch ausländisc­he Vereine stehen auf der Verbotslis­te, so die PKK, die Kurdische Arbeiterpa­rtei, oder die islamistis­che Vereinigun­g „Kalifatsta­at“.

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