Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ja, wo fahren sie denn nur?
Auch auf der B2 zwischen Mertingen und Nordendorf ging am Abend nichts mehr: Die Polizei sperrte die Bundesstraße nach Süden für eineinhalb Stunden, um einen Wagen samt Gebrauchtfahrzeug-Anhänger aus einem Graben zu ziehen. Der 46-jährige Fahrer hatte bei Schneeglätte die Kontrolle über das Gespann verloren. Durch die Wucht stürzte der Anhänger samt der Gebrauchtautos um. Bereits zwei Stunden vorher war die B 2 bei Langweid wegen mehrerer Unfälle im Feierabendverkehr voll gesperrt worden.
Insgesamt 117 Unfälle wurden im Zeitraum von Mittwoch 16 Uhr bis Donnerstagmorgen 8 Uhr im Einsatzbereich des Polizeipräsidiums Nordschwaben registriert. 34 davon sich im Augsburger Stadtgebiet, sagt Polizeisprecher Jürgen Wörle. Meist handelte es sich um Blechschäden. Bei einer Karambolage bei Petersdorf (Kreis Aichach-Friedberg) erlitt ein 70-Jähriger schwere Verletzungen. Drei weitere Menschen wurden leicht verletzt. Ein Unfall endete aber höchst tragisch: Eine 67-jährige Frau starb, nachdem sie in einer Garagenzufahrt von ihrem Auto eingeklemmt wurde. »Seite 36
Nun kam der Schneefall zwar nicht überraschend. Doch hatte es in der Nacht zum Donnerstag unerwartet viel geschneit. Für den Räumungsdienst des Abfallwirtschaftsund Stadtreinigungsbetriebs (aws) war das in diesem Winter die bislang größte Herausforderung. Ab 16 Uhr herrschte Großeinsatz. Alfons Stegmann versichert, dass die Kollegen einsatzbereit und gewappnet waren. Absolut überraschend hingegen war für die Einsatzkräfte aber die Menge an Schnee, die vom Himmel herunterkam. Denn die Wetterdienste, mit denen der aws kooperiert, haben laut Stegmann bis zu drei Zentimeter Schnee vorhergesagt. „Es wurden aber elf Zentimeter Neuschnee. Ausgerechnet über Augsburg hat es sich so richtig ausgeschneit.“Bis 22 Uhr seien im Stadtgebiet 20 Wagen unterwegs gewesen, um zu räumen und zu streuen. Um vier Uhr morgens ging der Großeinsatz weiter. „Dabei besteht während der Nachtstunden von 20 bis 7 Uhr keine Verpflichtung dazu“, merkt Stegmann an. Dennoch hatte so mancher Verereigneten kehrsteilnehmer am Abend den Eindruck, dass in der Stadt gar nicht geräumt wurde. „Bei anhaltenden Schneefällen und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt können trotz Räum- und Streumaßnahmen winterliche Verhältnisse herrschen“, betont Stegmann. „Da muss man angepasst fahren.“Zudem wirke sich das gestreute Salz allein so schnell nicht aus. „Dazu brauchen wir auch die Unterstützung des Verkehrs und abends ist einfach nicht mehr so viel los.“
In den nächsten Tagen sagen die Wetterdienste nur „kaum bis gar keinen Schnee“voraus. Aber Stegmann und seine Kollegen wissen jetzt immerhin, dass Prognosen ungeahnte Überraschungen bergen können. »Aufgefallen
Ich gestehe. Ich gehöre zu den Autofahrern, die sich bei dichtem Schneetreiben am Mittwochabend wunderten, weil sie in der Stadt keinem Räumfahrzeug begegneten. Ich war auf dem Weg zur Tennishalle Wünschig in Haunstetten. Weder auf der Schleifen-, noch auf der Haunstetter Straße oder später auf dem Rückweg auf der B 17 sah ich eines der orangefarbenen Fahrzeuge. Dafür jede Menge Schnee auf den Straßen und Autos, die beim Anfahren an Ampeln ins Rutschen gerieten. Allein 6000 Tonnen Streusalz hat die Stadt für diesen Winter in ihren Depots. „Jetzt wäre doch der richtige Moment für ein paar Prisen auf der Straße. Ja, wo fahren sie denn nur?“, dachte ich mir. Sie fuhren durchaus. Und zwar ziemlich fleißig. Die Mitarbeiter des Räumungsdienstes waren im Großeinsatz. Stundenlang waren sie offenbar im Stadtgebiet unterwegs, wie ich nachträglich erfuhr. Ich war fast etwas beschämt. Es ist einfach zu schnell geschimpft. Und es ist halt Winter. Dafür bin ich in der Tennishalle einmal ausgerutscht. Ach was, das ganze Match brachte mich ins Schleudern.