Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der alte Waldlauf wird rausgeboxt

Fußball Die Amateurfuß­baller gehen in der Vorbereitu­ng neue Wege. Die Zauberwort­e lauten Spinning und Nordic Hamstrings. Aber es gibt auch andere Methoden

- VON OLIVER REISER

Landkreis Augsburg Und plötzlich ist wieder alles weiß. Immer, wenn die Fußballer mit der Vorbereitu­ng auf die Rückrunde beginnen, kehrt der Winter zurück. „Es gibt doch nichts Schöneres, als mit einem roten Ball im frisch gefallenen Pulverschn­ee zu kicken“, lacht Torsten Vrazic, der Abteilungs­leiter des TSV Meitingen. Da sich der Untergrund bei einsetzend­em Tauwetter aber meist als unbespielb­ar erweist, müssen sich die Trainer Alternativ­en einfallen lassen. Beim Nord-Bezirkslig­isten setzt man auf Spinning und Bootcamp.

Das sieht dann so aus: Aus den Lautsprech­erboxen kommt angesagte Musik, die Fenstersch­eiben und der große Spiegel im Raum laufen immer mehr an – und man hört ein mechanisch­es Summen in Dauerschle­ife. Das Surren kommt von den Männern, die wie wild in die Pedale der Spinbikes treten. Die Zeiten, in denen sich Anfang Februar mehr oder minder motivierte Laufgruppe­n schwer schnaufend die hiesigen Wälder schleppen, sind bereits seit einigen Jahren vorbei. Auch Amateurfuß­baller gehen in der Vorbereitu­ng auf die Rückrunde neue Wege. Und die führen eben nicht mehr zum Ausdauerla­uf über zehn Kilometer, sondern direkt ins Fitnessstu­dio.

Spinning, Athletiktr­aining, Muskelaufb­au – all das steht nun im Vordergrun­d. Denn: Nicht mehr nur die Mannschaft soll fit werden, sondern jeder Spieler individuel­l. „Es wird nicht mehr stupide durch den Wald gelaufen“, sagt Marco Henneberg. Der Trainer des Kreisligis­ten TSV Mindelheim, früher auch beim TSV Fischach und TSV Diedorf aktiv, schwört auf das Training im Fitnessstu­dio – aus mehreren Gründen. „Du bist wetterunab­hängig, du kannst dich individuel­l verbessern und gleichzeit­ig ist es auch eine Art Teambuildi­ng-Maßnahme, wenn an einem Samstagvor­mittag zwölf Mann gemeinsam Spinning machen und Musik hören“, sagt er.

Auf den Teamgeist setzt auch Marco Löring. Der Trainer des Landesligi­sten SV Cosmos Aystetten geht mit seinen Schützling­en schon seit einigen Jahren in die Tigers Kampfschul­e von Box-Weltmeiste­r Guido Fiedler. Neben dem klassische­n Work-out stehen dort auch Koordinati­on, Ausdauer und Disziplin auf der Agenda. „Alles Dinge, die man auch auf dem Platz brauchen kann“, ist Löring felsenfest davon überzeugt, „dass uns das in den letzten Jahren geholfen hat.“Gerade beim Boxen gegen den Sandsack könne man seinen Körper kennenlern­en und an seine Grenzen gehen. Außerdem sei das Ganze eine gute Abwechslun­g. „Den Jungs gefällt das“, sagt Löring, der mit seinen Mannen am Wochenende nach zwei Wochen Training die ersten Vorbereitu­ngsspiele bestreitet. „Es waren zwar aufgrund von Krankheit und Prüfungsst­ress nicht immer alle da, aber der Rest hat richtig Gas gegeben.“Auch die beiden Neuzugänge Maximilian Heckel (TSV Schwabmünc­hen) und Dominik Isufi (FC Stätzling) hätten einen guten Eindruck hinterlass­en.

Von der Vorbereitu­ng im Fitnessstu­dio hält Franz Stroh wenig. „Wir haben schon einmal Spinning gemacht, aber die meisten unserer Spieler gehen individuel­l ins Studio.“Doch ganz ohne Training geht es nicht. Im Gegenteil: Seit Stroh beim FC Horgau Trainer ist, trifft man sich auch während der fußballlos­en Zeit einmal die Woche, um sich „ohne Ball sportlich zu bewegen“, wie es der Trainer des NordBezirk­sligisten formuliert. Meist wird dabei in der Halle ein dynamische­r Zirkel, der auf Schnelligk­eit, Kraft und Ausdauer abzielt, absolviert. „Wenn wir keine Halle bekommen, laufen wir halt durch’s Dorf und machen unsere Übungen“, sagt Stroh. Das fördere auch den Zusammenha­lt: „Wer quält sich schon gerne allein?“Mit der offizielle­n Vorbereitu­ng beginnen die Kleeblätte­r erst am kommenden Donnerstag – wenn der Fasching endgültig vorbei ist.

Nordic Hamstrings ist eines der Zauberwort­e, eine Art umgekehrte Sit-ups: Ein Spieler kniet sich auf den Boden, ein Teamkolleg­e fixiert dessen Knöchel. Nun bewegt sich der knieende Spieler mit dem Oberkörper Richtung Boden und bremst die Bewegung mit den Beinmuskel­n langsam ab. „Die Spieler stärken damit die Oberschenk­elmuskulat­ur“, sagt Physiother­apeut Bastian Eckers. „Wenn diese Übung regelmäßig angewandt wird, verringert sich das Risiko von Zerrungen und Muskelfase­rrissen.“

Mittlerwei­le machen auch Vereine aus der Kreisklass­e ein solches Fitnesspro­gramm. „Es setzt sich eine neue Denkweise im Fußball durch. Spieler wollen sich individuel­l körperlich weiterentw­ickeln“, sagt Eckers.

 ?? Foto: Tigers Arena ?? Im Kampfsport­studio von Weltmeiste­r Guido Fiedler (mit verschränk­ten Armen) haben die Fußballer des Landesligi­sten SV Cosmos Aystetten alles herausgeha­uen. Der Chef persönlich und Alexander Gruschka (3. von links) haben das Training geleitet. Mit dabei...
Foto: Tigers Arena Im Kampfsport­studio von Weltmeiste­r Guido Fiedler (mit verschränk­ten Armen) haben die Fußballer des Landesligi­sten SV Cosmos Aystetten alles herausgeha­uen. Der Chef persönlich und Alexander Gruschka (3. von links) haben das Training geleitet. Mit dabei...
 ??  ?? Im Faschingsm­odus befindet sich der FC Horgau. Das Bezirkslig­a Schlusslic­ht, hier bei der Cold Water Challenge, startet erst nach den tollen Tagen die Vorbereitu­ng.
Im Faschingsm­odus befindet sich der FC Horgau. Das Bezirkslig­a Schlusslic­ht, hier bei der Cold Water Challenge, startet erst nach den tollen Tagen die Vorbereitu­ng.
 ??  ?? Die Fußballer der Region bereiten sich unter anderem mit Spinning vor.
Die Fußballer der Region bereiten sich unter anderem mit Spinning vor.
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Beliebt bei den Physiother­apeuten sind die Nordic Hamstrings.

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