Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der alte Waldlauf wird rausgeboxt
Fußball Die Amateurfußballer gehen in der Vorbereitung neue Wege. Die Zauberworte lauten Spinning und Nordic Hamstrings. Aber es gibt auch andere Methoden
Landkreis Augsburg Und plötzlich ist wieder alles weiß. Immer, wenn die Fußballer mit der Vorbereitung auf die Rückrunde beginnen, kehrt der Winter zurück. „Es gibt doch nichts Schöneres, als mit einem roten Ball im frisch gefallenen Pulverschnee zu kicken“, lacht Torsten Vrazic, der Abteilungsleiter des TSV Meitingen. Da sich der Untergrund bei einsetzendem Tauwetter aber meist als unbespielbar erweist, müssen sich die Trainer Alternativen einfallen lassen. Beim Nord-Bezirksligisten setzt man auf Spinning und Bootcamp.
Das sieht dann so aus: Aus den Lautsprecherboxen kommt angesagte Musik, die Fensterscheiben und der große Spiegel im Raum laufen immer mehr an – und man hört ein mechanisches Summen in Dauerschleife. Das Surren kommt von den Männern, die wie wild in die Pedale der Spinbikes treten. Die Zeiten, in denen sich Anfang Februar mehr oder minder motivierte Laufgruppen schwer schnaufend die hiesigen Wälder schleppen, sind bereits seit einigen Jahren vorbei. Auch Amateurfußballer gehen in der Vorbereitung auf die Rückrunde neue Wege. Und die führen eben nicht mehr zum Ausdauerlauf über zehn Kilometer, sondern direkt ins Fitnessstudio.
Spinning, Athletiktraining, Muskelaufbau – all das steht nun im Vordergrund. Denn: Nicht mehr nur die Mannschaft soll fit werden, sondern jeder Spieler individuell. „Es wird nicht mehr stupide durch den Wald gelaufen“, sagt Marco Henneberg. Der Trainer des Kreisligisten TSV Mindelheim, früher auch beim TSV Fischach und TSV Diedorf aktiv, schwört auf das Training im Fitnessstudio – aus mehreren Gründen. „Du bist wetterunabhängig, du kannst dich individuell verbessern und gleichzeitig ist es auch eine Art Teambuilding-Maßnahme, wenn an einem Samstagvormittag zwölf Mann gemeinsam Spinning machen und Musik hören“, sagt er.
Auf den Teamgeist setzt auch Marco Löring. Der Trainer des Landesligisten SV Cosmos Aystetten geht mit seinen Schützlingen schon seit einigen Jahren in die Tigers Kampfschule von Box-Weltmeister Guido Fiedler. Neben dem klassischen Work-out stehen dort auch Koordination, Ausdauer und Disziplin auf der Agenda. „Alles Dinge, die man auch auf dem Platz brauchen kann“, ist Löring felsenfest davon überzeugt, „dass uns das in den letzten Jahren geholfen hat.“Gerade beim Boxen gegen den Sandsack könne man seinen Körper kennenlernen und an seine Grenzen gehen. Außerdem sei das Ganze eine gute Abwechslung. „Den Jungs gefällt das“, sagt Löring, der mit seinen Mannen am Wochenende nach zwei Wochen Training die ersten Vorbereitungsspiele bestreitet. „Es waren zwar aufgrund von Krankheit und Prüfungsstress nicht immer alle da, aber der Rest hat richtig Gas gegeben.“Auch die beiden Neuzugänge Maximilian Heckel (TSV Schwabmünchen) und Dominik Isufi (FC Stätzling) hätten einen guten Eindruck hinterlassen.
Von der Vorbereitung im Fitnessstudio hält Franz Stroh wenig. „Wir haben schon einmal Spinning gemacht, aber die meisten unserer Spieler gehen individuell ins Studio.“Doch ganz ohne Training geht es nicht. Im Gegenteil: Seit Stroh beim FC Horgau Trainer ist, trifft man sich auch während der fußballlosen Zeit einmal die Woche, um sich „ohne Ball sportlich zu bewegen“, wie es der Trainer des NordBezirksligisten formuliert. Meist wird dabei in der Halle ein dynamischer Zirkel, der auf Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer abzielt, absolviert. „Wenn wir keine Halle bekommen, laufen wir halt durch’s Dorf und machen unsere Übungen“, sagt Stroh. Das fördere auch den Zusammenhalt: „Wer quält sich schon gerne allein?“Mit der offiziellen Vorbereitung beginnen die Kleeblätter erst am kommenden Donnerstag – wenn der Fasching endgültig vorbei ist.
Nordic Hamstrings ist eines der Zauberworte, eine Art umgekehrte Sit-ups: Ein Spieler kniet sich auf den Boden, ein Teamkollege fixiert dessen Knöchel. Nun bewegt sich der knieende Spieler mit dem Oberkörper Richtung Boden und bremst die Bewegung mit den Beinmuskeln langsam ab. „Die Spieler stärken damit die Oberschenkelmuskulatur“, sagt Physiotherapeut Bastian Eckers. „Wenn diese Übung regelmäßig angewandt wird, verringert sich das Risiko von Zerrungen und Muskelfaserrissen.“
Mittlerweile machen auch Vereine aus der Kreisklasse ein solches Fitnessprogramm. „Es setzt sich eine neue Denkweise im Fußball durch. Spieler wollen sich individuell körperlich weiterentwickeln“, sagt Eckers.