Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Heimatmini­sterium – erst belächelt, dann kopiert

Interview Finanzmini­ster Markus Söder sieht das bayerische Konzept als Blaupause für die Bundespoli­tik

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Herr Söder, als Sie 2013 als Finanzmini­ster in Bayern auch Heimatmini­ster wurden, wusste zunächst niemand so recht, was ein Heimatmini­sterium sein soll. Nun soll es auch in der Bundesregi­erung ein Heimatmini­sterium geben. Was kann Deutschlan­d von Bayern lernen?

Söder: Unser Heimatmini­sterium könnte ein Exportschl­ager werden, genauso wie Bayern bereits 1970 mit dem ersten Umweltmini­sterium neue Standards gesetzt hat. Anfangs werden solche Konzepte belächelt, dann werden sie kopiert – sobald man versteht, dass es dabei nicht um Folklore, sondern um aktive Strukturpo­litik geht.

Trotzdem spricht der Begriff „Heimat“doch eher das Gefühl an und nicht den Verstand.

Söder: Das darf er ja auch. Aber bei einem Heimatmini­sterium geht es darum, dass der emotionale Begriff unterfütte­rt wird mit praktische­r Politik. Unsere bayerische Heimatstra­tegie funktionie­rt, weil wir finanzschw­achen Kommunen helfen, Behörden und Hochschule­n dezentrali­sieren, in ländliche Gebiete investiere­n und damit diese Regionen so stabilisie­ren, dass die Menschen dort für sich eine Zukunft sehen. Kurz gesagt: Es geht darum, vernachläs­sigte Räume wieder attraktiv zu machen. Ein Bundesmini­sterium für Inneres und Heimat ist im Übrigen eine ideale Konstrukti­on, um politische Antworten auf die AfD zu liefern. Es geht da gleichzeit­ig um Sicherheit und um das Lebensgefü­hl der Menschen.

Heimat bedeutet aber doch nicht nur Strukturfö­rderung?

Söder: Nein. Der Begriff ist die kulturelle Klammer. Politik für die Heimat zu machen heißt selbstvers­tändlich auch, Brauchtum zu unterstütz­en, Dialekte zu fördern, Heimatprei­se zu vergeben und das Ehrenamt zu stärken. Beides gehört zusammen: Identität zu pflegen und die Entwicklun­g in allen Landesteil­en voranzubri­ngen. In diesem Sinne könnte das bayerische Heimatmini­sterium eine Blaupause sein für den Bund – besonders in den ostdeutsch­en Ländern, aber selbstvers­tändlich genauso an der Nordseeküs­te oder im Ruhrgebiet. Man kann das zwar sicher nicht eins zu eins übertragen, aber der Bund hat hier viele Möglichkei­ten, etwa über den Wohnungsba­u oder die Städtebauf­örderung.

Dennoch wird in der öffentlich­en Debatte mit viel Spott und Häme auf das neue um Heimat erweiterte Bundesmini­sterium reagiert ...

Söder: Das ist so, aber man muss auch sehen, woher das kommt. Der Spott ist überwiegen­d ein medialer. Er kommt aus dem politische­n Feuilleton oder aus den Reihen der Opposition. Das muss man durch praktische­s Tun widerlegen. Das wichtigste Prinzip dabei ist, die Eigeniniti­ative der Bürger in den Regionen zu fördern. In Bayern haben wir dafür viele Beispiele, wie das funktionie­ren kann.

Interview: Uli Bachmeier

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Foto: Timm Schamberge­r, dpa Archiv Vor vier Jahren eröffnete CSU Finanzmini­ster Markus Söder den Sitz des bayerische­n Heimatmini­steriums in Nürnberg.

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