Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fleisch aus Erbsenbrei

Ernährung Viele Menschen machen sich Gedanken um das Tierwohl, essen aber weiterhin Schnitzel. Wie ein Unternehme­r das ändern will

-

Bamberg/Freising Obwohl sich viele Verbrauche­r Gedanken um Tierwohl machen, fällt es ihnen oft schwer, weniger Fleisch zu essen. „Das liegt auch an der mangelnden Akzeptanz vieler Fleischers­atz-Produkte“, sagt Raffael Osen vom Fraunhofer-Institut für Verfahrens­technik und Verpackung in Freising. Denn: So gesund Tofu und Seitan sind – das Mundgefühl ist alles, nur nicht fleischig. Eine Firma aus Bamberg hat sich deshalb mit dem Fraunhofer-Institut zusammenge­schlossen und eine Alternativ­e entwickelt. Die Firma Amidori gehört dem 58-jährigen Metzger und Koch Friedrich Büse. Er verwendet die neue Technik seit 2016. Inzwischen hat das Unternehme­n 100 Mitarbeite­r, einen zweiten Produktion­sstandort in Österreich und immer mehr Kunden. Das Erfolgsrez­ept: die Textur des Produkts – faserig wie Hühnchen, aber mit Biss.

„Alle Versuche, die Verbrauche­r mit moralische­n Appellen zu weniger Fleischkon­sum zu bewegen, sind gescheiter­t“, sagt Büse. „Wenn man mit dem Ziel antritt, die Ernährungs­gewohnheit­en der Menschen ändern zu wollen, hat man schon verloren“, findet er. Man müsse die Verbrauche­r freiwillig dazu bringen, zu verzichten. Dazu benötige es Alternativ­en. Ein weiteres Problem aus seiner Sicht: „Viele Fleischers­atzprodukt­e sind teurer als hochwertig­es Fleisch.“

Textur und Kaufpreis sind wichtiger Punkt, weshalb Verbrauche­r bislang eher zurückhalt­end seien, sagt Osen. Es kommt aber etwas hinzu: Vor wenigen Jahren gab es einen kurzen Hype um Soja- und Hühnereiwe­iß-Schnitzel. Bis die ersten Verbrauche­rschutz-Magazine genauer hinguckten. „Die Liste der Inhaltssto­ffe ist in der Regel ziemlich lang – das schreckt Käufer ab“, sagt der Wissenscha­ftler.

Die Amidori-Produkte werden aus sogenannte­n Sonnenerbs­en und weiteren Rohstoffen hergestell­t. Zu 95 Prozent stammen sie aus deutschem Anbau. Das genaue Herstellun­gsverfahre­n ist geheim, die Grundzüge sind aber bekannt. Aus den Erbsen wird Brei gemacht. Dann lässt man, ähnlich wie bei der Käse-Herstellun­g, das Eiweiß gerinnen. Diese Masse wird mechanisch weitervera­rbeitet. Sie wird lange geknetet und erhitzt und unter großem Druck abgekühlt. Das nennt man Extrusion.

Dieses Verfahren ist nicht neu. Es wird auch zur Herstellun­g von Erdnussfli­ps oder Nudeln verwendet. Allerdings geht es dabei meist um trockene Massen, der Erbsenbrei ist dagegen nass. Deshalb war einiges an Forschen und Ausprobier­en nötig, um die Herstellun­g zu perfektion­ieren, sagt Büse. Nun lässt sich das Verfahren auf fast jede eiweißhalt­ige Pflanze anwenden. Denn – so das Kalkül der Erfinder – so kann es auch in anderen Ländern genutzt werden.

Nur mit Pflanzen, die dort wachsen. „Wenn etwas aus regionalen Rohstoffen hergestell­t werden kann, ist es in der Regel auch nachhaltig“, sagt Büse.

 ?? Foto: epd ?? Bei der Firma Amidori entsteht Fleisch ersatz aus Erbsen.
Foto: epd Bei der Firma Amidori entsteht Fleisch ersatz aus Erbsen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany