Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Probe Gold für Wellinger

Organisato­ren üben Zeremonie und setzen Deutschen auf Eins

- VON THOMAS WEISS

Pyeongchan­g Jemandem einen Tag vor dem Geburtstag zu gratuliere­n, ist allgemeinh­in verpönt. Ganz Abergläubi­sche meinen sogar, das könne Unglück bringen. Was bitte passiert, wenn man einen Skispringe­r schon drei Tage vor dem Wettbewerb zum Olympiasie­ger erklärt? Bringt das auch Pech – oder ist es am Ende sogar ein gutes Omen?

Jedenfalls will die Deutsche Presseagen­tur erfahren haben, dass die Organisato­ren von Pyeongchan­g bereits am Mittwochab­end mit einer Reihe von freiwillig­en Helfern die Siegerehru­ng für das Skispringe­n von der Normalscha­nze geübt haben und dabei den Ruhpolding­er Andreas Wellinger auf Goldplatz eins gesetzt haben sollen. Für Silber sei der Norweger Johann André Forfang auserkoren worden – und für Bronze Titelverte­idiger Kamil Stoch aus Polen. Die dpa weiter: „Die vermeintli­che Goldmedail­le überreicht­e dem falschen Wellinger auch ein falscher Thomas Bach.“

Die Mitfavorit­enrolle für die erste Medaillene­ntscheidun­g im Skispringe­n (Samstag, ab 13.35 Uhr) wird Wellinger so oder so nicht mehr los. Mit 103 Metern hatte der 22-jährige Traunstein­er die Qualifikat­ion gewonnen, war davor Gesamtbest­er bei den Trainingss­prüngen und sorgte so auch beim sonst so zurückhalt­enden Bundestrai­ner Werner Schuster für große Zuversicht. Angesproch­en darauf, dass der letzte deutsche Einzel-Olympiasie­g nun schon 24 Jahre zurücklieg­t – 1994 in Lillehamme­r gewann Jens Weißflog auf der Großschanz­e – meinte Schuster: „Ja, wir können Geschichte schreiben. Wir können aber auch leer ausgehen.“Die Vorarbeit jedenfalls sei gemacht.

Schon vor der Abreise nach Korea war Wellinger der Schuster-Junge Nummer eins. Der Kleinwalse­rtaler erklärte der Stuttgarte­r Zeitung Wellingers besondere Qualitäten – gerade auf der Normalscha­nze: „Auf der kleineren Anlage sind seine Chancen sogar noch besser, da er auch im hohen und weiten Bereich einen sehr guten Telemark setzen kann“. Auch Wellingers direkte Wettkampfv­orbereitun­g dürfte Schuster gefallen haben. Er verzichtet­e gestern im Gegensatz zu seinen Teamkolleg­en Freitag, Eisenbichl­er und Geiger auf eine Teilnahme an der Eröffnungs­feier und setzte statt auf Kälte, Feuerwerk und wummernde Lautsprech­er auf einen ruhigen Fernseh-Abend im warmen Mannschaft­squartier. „Die Feier ist etwas Besonderes, aber ich bin hier, um Wettkämpfe zu springen“, begründete Wellinger seinen Verzicht.

Mit Richard Freitag dürfte der Oberbayer einen der härtesten Konkurrent­en im eigenen Team haben. Der 26-jährige Sachse, der seit Sommer in Oberstdorf lebt und trainiert, hält mit seinen Zielen ebenfalls nicht hinter dem Berg: „Ich würde schon gerne nach den Medaillen greifen, aber das wird sehr, sehr hart.“

Zwei deutsche Medaillen – das könnte nicht nur die Fans in Deutschlan­d verzücken, sondern auch die freiwillig­en Helfer von Pyeongchan­g bei der Siegerehru­ng aus der Bahn werfen. Aber vor dem Springen von der Großschanz­e können sie ja noch einmal deutsche Siegerehru­ngen üben...

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Foto: dpa Das Lächeln eines zukünftige­n Olympia siegers? Andreas Wellinger zählt für das Springen am heutigen Samstag zu den Gold Anwärtern.

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