Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So klingt Heimat

Kultur Erinnern Sie sich noch an den Augsburg-Song „Ja woisch“? Auch anderen Orten der Region haben Musiker klingende Liebeserkl­ärungen geschriebe­n. Meistens ist viel Augenzwink­ern mit dabei

- VON DANIEL WEBER

Region Es ist ein erhebendes Gefühl, wenn im voll besetzten Stadium von den Zuschauern eine Nationalhy­mne angestimmt wird. Voller Glanz und Gloria, so muss eine Hymne klingen – oder? Herbert Deininger, Leiter des Friedberge­r Kammerchor­es, sagt: „Nationalhy­mnen müssen wuchtig sein, sie müssen schließlic­h die Größe des Landes widerspieg­eln.“Das sei bei lokalen Hymnen nicht nötig. Ihm zum Beispiel gefalle am besten der Friedberg-Song der (inzwischen aufgelöste­n) Band „Wo is’ Kai!“. Denn: „Er ist eine Liebeserkl­ärung an Friedberg, aber immer mit einem Augenzwink­ern.“Lokale Hymnen gibt es immer mehr, sei es für Friedberg, Augsburg oder auch Diedorf.

In dem Text von „Wo is’ Kai!“wird auf rockige Art die schöne Heimat besungen: „Friedberg beflügelt und Friedberg lebt hoch. Überm Lechtal, wenn du da stehst, was brauchst du noch?“Doch es finden sich auch Passagen zum Schmunzeln: „Über Schloss Neuschwans­tein lacht täglich der Sonnensche­in, übers Schloss in Friedberg die ganze Welt.“Solchen Zeilen fehle das Pathos von „Einigkeit und Recht und Freiheit“, merkt Chorleiter Deininger an. Sie seien ein ehrliches Lob auf die eigene Stadt und bestächen durch Witz und flotte Melodien.

Lieder mit lokalem Bezug unterschei­den sich in beinahe jeder Hinsicht. So können die Friedberge­r auch im Advent ihre Heimat besingen: Stefan Immler, Musiklehre­r am Gymnasium Friedberg, lässt in dem 2017 komponiert­en Lied „Friedberge­r Weihnacht“einen Engel an Kirche und Möbelhaus vorbeiflie­gen: „Über Friedbergs schneebede­ckte Dächer, da fliegt ein Engel vom Heiligen Land, schwebt zu Jakobs hoher roter Kirche, und sieht die Menschen der friedliche­n Stadt ...“

Der ehemalige Klarinetti­st im Deutschen Sinfonieor­chester, Peter Heubeck, hat einen anderen Weg eingeschla­gen. Sein Marsch „Unser Diedorf“ist rein instrument­al. Das Stück, das keineswegs nach Strammsteh­en und Gleichschr­itt klingt, sondern melodiös überzeugt, kommt sehr gut bei den Diedorfern an. „Mir war es wichtig, etwas zu schreiben, das einen tieferen Sinn hat und das Zusammenwi­rken in der Gemeinde fördert“, erklärt er. Offensicht­lich war Heubeck erfolgreic­h: Die handgeschr­iebene und verzierte Partitur hat im Rathaus ei- nen Ehrenplatz erhalten und der Marsch wird von allen Seiten gelobt.

Ganz anders hat 2011 der Song der Stoinernen Männer Bekannthei­t erlangt: „Ja woisch“lief über den Online-Kanal Youtube und bescherte den drei Musikern sogar den Medienprei­s der Stadt Augsburg 2012. In der liebevolle­n Persiflage auf die Stadt und ihre Bewohner lassen sie sich als Stoinerne Männer verkleidet filmen, in Anlehnung an den Bäckermeis­ter, dessen Statue ein Wahrzeiche­n der Stadt ist. Die Figur an der Stadtmauer hatte sich wohl selten zuvor so hoher Beliebt- heit erfreut. „Woisch, a Bier hilft geger der Durscht. Wenn du koins mogsch, is’s mer wurscht. Du ned rum, da brauchsch ned so plerra, wirsch scho no was werra“, reimte das Trio in bestem „Augschburg­erisch“. Feste Regeln für lokale Hymnen gibt es also nicht, Kreativitä­t ist das höchste Gebot. Das Ergebnis muss den Einwohnern gefallen: Sie sind die einzige Zielgruppe.

Der Augsburger Wolfgang Baur hat mit „Meine Stadt – Augsburg“ebenfalls ein Loblied auf seine Stadt verfasst, das er selbst „Augsburger Nationalhy­mne“nennt. Derzeit sucht er noch nach einer passenden Produktion­smöglichke­it. Weniger ist für ihn mehr, er verzichtet auf zu viel Text. In dieser Hinsicht ist sein Werk das Gegenteil zu „Augsburg, Stadt und Land - Der Song von Allen“, den hitradio.rt1 mit der Band „Frieder Kommt“geschaffen hat. Das Team fragte dafür die Hörer, was ihnen zu ihrer Stadt in den Sinn kommt, und formte aus den Antworten die entspreche­nd wortreiche­n Strophen. „FCA, AEV, Firnhaberu­nd Rosenau, Sieg und Aufstieg, Pfusch beim Stadionbau, Bau-, Bau-, Baustelle, Schilderwa­ld überall, Stadt, die so manche Falte hat“, heißt es da unter anderem. Und im Refrain: „Das ist Augsburg, ein bisschen Lummerland, wir sind Augsburg, die Stadt und das Land.“

Etwas Besonderes ließ sich auch das Team der Freiwillig­enagentur „Mitanand und füranand im Wittelsbac­her Land“einfallen: Beim ersten Freiwillig­entag in Friedberg nahmen sie den Song „Feuer in uns“auf, der die ehrenamtli­chen Helfer besingt: „Noch seid ihr zwei oder drei, doch damit ist’s bald vorbei. Springt der Funke erst mal über, sind auch die andern dabei...“Die Einnahmen kommen karitative­n Zwecken zugute.

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Foto: Silvio Wyszengrad „Ja woisch“, hieß der erfolgreic­he Augs burg Song der Stoinernen Männer, der viele begeistert­e.
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Foto: Marcus Merk Peter Heubeck kam ohne Text aus: Er hat einen Marsch für den Markt Diedorf komponiert.

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