Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr Verständnis für Kurden
Zur Kurden Demonstration:
Über die große Aufregung über die „Kurden-Demo“bin ich doch etwas überrascht: Denn im Vergleich zum riesigen Polizeiaufgebot versammelte sich da nur ein kleines Häufchen meist junger Frauen und Männer mit einigen Kurdistan-Fahnen und Fotos von den durch die türkische Armee zerstörten Häusern. Ich war selber vor Ort, doch aggressiv oder aufgeheizt erschien mir die Stimmung zunächst nicht, das änderte sich erst mit dem Auftreten einiger weniger TürkeiSympathisanten, die „Türkiye“riefen, was mit „Erdogan, Terrorist“beantwortet wurde.
Und in der Tat ist es ja Erdogan, der in der Türkei massiv die Menschenrechte verletzt und vermeintliche oder auch tatsächliche politische Gegner inhaftieren lässt. Und in der Tat ist es ja auch Erdogan, der in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die kurdische YPD in Syrien vorgeht, die zuvor auf der Seite des Westens den sogenannten „ Islamischen Staat“sehr erfolgreich bekämpft hat. So werden die Kurden wieder einmal von einem vermeintlichen Bündnispartner im Stich gelassen. Dass dies auch Wut und Enttäuschung auslöst, dürfte nachvollziehbar sein. Deshalb wäre auch etwas mehr Verständnis für die Kurden angebracht gewesen.
Im Übrigen wird sich der türkische Geheimdienst über die vielen Fotos mit den Gesichtern der Demonstranten freuen, die in der AZ und im Internet veröffentlicht wurden. Nicht ausgeschlossen, dass die Betroffenen Probleme mit türkischen Behörden bekommen. Reinhold Forster, Augsburg