Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ganz schön zickig: Der Sellerie

Unser Essen 539 Stück Stangensel­lerie und 1155 Stück Knollensel­lerie hat Bianca Bucher in ihrer Biogärtner­ei im vergangene­n Jahr geerntet. Durch die Lagerung im Kühlraum sind die Knollen bis ins Frühjahr verfügbar. Doch zuvor brauchen sie eine besondere P

- VON STEFFI BRAND Unser Essen

Augsburg Bianca Bucher braucht nur einen Blick in ihr Pflanzbuch zu werfen, und schon weiß sie alles über den Sellerie, der in ihrem Hofladen bis ins Frühjahr hinein verfügbar ist. 0,3 Gramm Stangensel­lerie hat sie ausgesät. 539 Pflanzen hat sie pikiert. Beim Knollensel­lerie waren es 1,6 Gramm Samen, aus dem 1155 Pflanzen entstanden sind. Der Unterschie­d? Stangensel­lerie hat lange Blätter und lange Schäfte und eignet sich zum Dippen. Knollensel­lerie ist weniger intensiv und wird häufig als Gemüse serviert. Auch in die Suppe oder zum Braten gehört der typische Sellerie-Geschmack dazu. „Den Samen habe ich selbst gezogen“, erklärt die Inhaberin der Biogärtner­ei Bucher. Da der Sellerie erst im zweiten Jahr blüht, hat sie das Gemüse 2013 gepflanzt und 2014 die Samen abgenommen. Ihr Fazit: „Mein Samen ist länger keimfähig.“

Auch den Zeitraum, wann sie sich in welcher Form um das Gemüse kümmert, dokumentie­rt Bianca Bucher genau: Am 28. Februar wurde gesät. Am 1. April wurde pikiert. Am 18. Mai wurden die Pflanzen gesetzt. Die zeitlichen Abstände haSchwachz­ehrer, einen Grund, denn: „Der Sellerie ist eine Zicke“, erklärt die Gartenbaui­ngenieurin lachend und erklärt auch warum. Der Sellerie mag die Kälte nicht. Das heißt auch, dass er erst nach den Eisheilige­n ins Beet darf. Wird’s dennoch mal kalt, deckt Bianca Bucher ihr zickiges Gemüse mit Vlies ab. Auch während der langen Wachstumsp­hase müsse man den Sellerie genau im Auge behalten. Auf humusreich­em, durchlässi­gem Boden gedeiht der Sellerie am besten. Dass die Gartenbaui­ngenieurin auf gutem Boden pflanzt, hat sie ihrem Vater und ihrem Großvater zu verdanken. Sie selbst führt die Gärtnerei, die sich hinter dem FCA-Trainingsg­elände befindet, in der dritten Generation.

Bei der Sellerieer­nte ist es ebenso wichtig wie beim Pflanzen ins Beet, den passenden Zeitpunkt zu erwischen: Vor dem ersten Frost muss der Sellerie geerntet werden. Das ist meist Mitte Oktober. Um möglichst lange Sellerie vorrätig zu haben, nimmt Bianca Bucher dann das Laub ab und schneidet die Wurzeln des Selleries kegelförmi­g ab. Gewaben schen wird er nicht. Aber bei etwa sechs bis sieben Grad und einer Luftfeucht­igkeit von 80 Prozent hält er sich im Kühlraum bis ins Frühjahr.

Der Sellerie gehört in die Gruppe der Mittelzehr­er. So werden Pflanzen bezeichnet, die einen mittleren Bedarf an Stickstoff pro Hektar haben. Beim Sellerie liegt dieser Wert bei 200 Kilogramm. Auch Fenchel, Mangold, Lauch, Zucchini, Rote Beete und Kürbis gehören in die Kategorie der Mittelzehr­er. Zum Vergleich: Salate sind klassische die nur einen Stickstoff­bedarf zwischen 100 und 150 Kilogramm Stickstoff pro Hektar haben. Kraut, Rosenkohl und Wirsing haben einen Stickstoff­bedarf von 400 Kilogramm pro Hektar und werden als Starkzehre­r bezeichnet. Auf den 7500 Quadratmet­ern Nutzfläche, die zur Gärtnerei zählen, wird es künftig keine Starkzehre­r mehr geben, hat Bianca Bucher beschlosse­n. Zu groß ist der Nährstoffb­edarf der Pflanzen.

Ein weiteres Detail in ihrem Pflanzbuch zeigt, wer ihr in ihrer „Weibergärt­nerei“, wie sie ihren Betrieb lachend nennt, zur Hand geht: eine Kunststude­ntin, eine ehemalige Praktikant­in, eine Hausfrau und eine Frau, die „Fisselkram“liebt, wie Bianca Bucher beispielsw­eise den Vorgang des Pikierens bezeichnet. Mit diesem Fachbegrif­f wird das Umsetzen der Sämlinge mit einem Pikierstab bezeichnet. Die Pflanzen werden dabei meist von der Anzuchtsch­ale in einen Quick Pot oder Topf umgesetzt. Diesem Arbeitssch­ritt wurden die Selleriepf­lanzen im vergangene­n Jahr am 1. April unterzogen.

Durch den Einsatz der Freiwillig­en, die ihr in der Gärtnerei helfen, hat Bianca Bucher die Chance, die Arbeit zu bewältigen und nach Belieben zu testen: Schwarze Fleischtom­aten, Physalis, Grünsparge­l, Auberginen aus Rumänien, Peperoni aus Indien und Nepal und Paprika mit dem Namen „Roter Augsburger“pflanzt sie zum Beispiel an.

Ihre Kunden sind häufig ihre Nachbarn, denn eine Gartensied­lung grenzt direkt an. Die Hobbygärtn­er fragen gezielt nach Jungpflanz­en oder besuchen den Hofladen. Den Biolandhof Mayer in Hirblingen beliefert Bianca Bucher ebenso wie die Lokalhelde­n im Augsburger Bismarckvi­ertel, Mutter Erde in der Stadtmitte und Bios Naturmarkt in Göggingen.

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 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Bianca Bucher baut in ihrer Biogärtner­ei unter anderem Knollensel­lerie an. Sie weiß, was er zum Wachsen braucht.
Fotos: Marcus Merk Bianca Bucher baut in ihrer Biogärtner­ei unter anderem Knollensel­lerie an. Sie weiß, was er zum Wachsen braucht.
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Ende Februar sät Bianca Bucher der Sellerie an. Den Samen dafür hat sie selbst ge zogen.
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Durch die Lagerung im Kühlraum ist der Knollensel­lerie in der Gärtnerei bis ins Früh jahr verfügbar.
 ??  ?? Um möglichst lange Sellerie vorrätig zu haben, nimmt Bianca Bucher das Laub ab. Stangensel­lerie hat längere Blätter als Knollensel­lerie.
Um möglichst lange Sellerie vorrätig zu haben, nimmt Bianca Bucher das Laub ab. Stangensel­lerie hat längere Blätter als Knollensel­lerie.

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