Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Neues Konzept für Fasching
da gibt es eine Bratwurst.“Auf der Facebookseite unserer Zeitung, wo wir ein Video von dem Einzug zum Rathausplatz zeigen, äußern ein paar Leser Kritik. „Auf den Dörfern ist mehr los. Mit einem Cabrio durch die Stadt fahren kann ich auch und ein bisschen winken“, kommentiert etwa Harry Feueröcker. „So was ist schön? Langweiliges unkostümiertes Gelatsche“, schreibt Marion Merker. Das ist der Moment, in dem Jochen Heckel gerne eingreift und erklärt.
Der Präsident des FFC Augsburg, der mit seinem knallgelben Jackett nicht zu übersehen ist, betont, man dürfe das nicht mit einem Faschingsumzug vergleichen. „Das hier ist der Einzug der Garden auf dem Rathausplatz.“Der Einzug und das Aufstellen des Narrenbaumes stünden an dem Samstag im Vordergrund. Damit werde das viertägige Faschingstreiben eingeläutet. „Natürlich wäre ein Faschingsumzug in Augsburg ein Ziel“, meint der Präsident. „Viele Gesellschaften auch aus dem Umland würden das begrüßen. Aber da müsste die Stadt mitmachen und den Rahmen dafür schaffen.“Dass die Veranstaltung immer wieder kritisiert wird, trifft ihn offenbar.
„Da steckt so viel Herzblut und Engagement der Faschingsgesellschaften drin“, sagt Heckel leidenschaftlich. „Außerdem machen wir in Augsburg Straßenfasching, während sonst alles nur in Hallen stattfindet.“Aus den Lautsprechern an der Showbühne tönt laute Musik. Immer wieder wird über das Mikro die Stimmung angeheizt. „Augsburg, seid ihr noch da?“– „Ihr seid spitze!“– „Augsburg, alle Hände nach oben!“Gruppen der Faschingsgesellschaften gestalten den ganzen Tag das Programm mit Aufführungen. Wie etwa die Revuetänzer der Augspurgia. In aufwendigen Rokoko-Kostümen tanzen sie zu Rock me Amadeus von Falco. Die Faschingsaktiven geben alles. Sie haben Spaß dabei, das sieht man ihnen an. Auf dem Rathausplatz selbst schunkeln oder tanzen immer wieder ein paar Menschen mit. Es wird Bier oder Kaffee getrunken, Bratwurst gegessen, kleine Kinder drehausplatz, hen Runden im Karussell. Aber viele Besucher ziehen bald weiter. Auch, weil es kalt ist.
„Es ist ganz nett hier“, sagt Adam Klepka, der mit Ehefrau Claudia und den Kindern vorbei schaut. „Aber vor der Bühne zu stehen, macht man vielleicht eine halbe Stunde. Dann reicht es. Die Umzüge auf dem Land sind da wesentlich schöner“, sagt der Familienvater und fügt hinzu: „Und spannender für die Kinder.“»Kommentar O
Info Bis Faschingsdienstag ist auf dem Rathausplatz täglich von 12 bis 19 Uhr buntes Treiben angesagt. Am Rosenmon tag und Faschingsdienstag geht es auch in der City Galerie in den Endspurt, wo mehrere Faschingsgesellschaften täglich im Einsatz sind. Am Montag startet dort um 12 Uhr der Kinderfasching, am Dienstag geht’s um 11.15 Uhr los. Um 19 Uhr beginnt das große Finale.
I
Bilder finden Sie unter: www.augsburger allgemeine.de/ augsburg sowie auch eine Umfrage, ob das Konzept für den Rathausplatz Fasching geändert werden sollte.
Wer in Augsburg Fasching feiern will, hat dazu einige Möglichkeiten. Die Faschingsgesellschaften laden zu Veranstaltungen ein, geben Auftritte. Ein Höhepunkt ist sicherlich der Galaball der Hollaria im Kongress am Park. Allerdings finden Bälle und Co. hinter Türen statt. Sie werden in der Öffentlichkeit also nicht übermäßig wahrgenommen. Im Gegensatz zum viertägigen Faschingstreiben auf dem Rathausplatz. Die Veranstaltung von „Under oiner Kapp“ist quasi das Aushängeschild des Augsburger Faschings. Und genau das wird so oft belächelt. „Augsburg kann keinen Fasching“, heißt es unter anderem. Problem ist, dass bei dieser Veranstaltung der Funke nur schwer auf die Besucher überspringen kann. Da mögen sich die Aktiven noch so sehr anstrengen. Aber Tanzvorführungen auf einer Bühne, Zwischenrufe des Moderators à la „Auf gehts Augsburg“, ein paar Imbissbuden und ein Kinderkarussell machen noch längst kein buntes Faschingstreiben für alle. Veranstalter und Mitwirkende mögen diese Kritik ungerecht finden. Das ist verständlich. Schließlich engagieren sie sich mit großem Einsatz. Wer sie am Samstag bei ihrem Einzug auf dem Rathausplatz miterlebt und ihre Auftritte auf der Showbühne verfolgt hat, sieht Leidenschaft und Freude. Auch die Faschingsgesellschaften selbst hätten eine ordentliche Sause verdient. Man sollte sich dringend ein neues Konzept überlegen, wie man den Menschen Lust macht, verkleidet auf den Rathausplatz zu kommen und zu feiern. Hier ist auch die Stadt gefragt, sich aktiv zu beteiligen. Allein die Marketing-Möglichkeiten wären enorm. Man könnte versuchen, die Gastronomie mit einzubinden. Lieber einen Tag gescheit aufgezogen, als vier Tage halbscharig.