Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Olympische­s Feuer lässt sogar Sportler kalt

Pyeonchang Die Winterspie­le in Südkorea sind in vollem Gange, die deutschen Athleten feiern viele Erfolge. Doch hier lassen die Wettkämpfe viele kalt. Sportler aus dem Augsburger Land erklären, woran das liegt

- VON TOBIAS KARRER

Zwar brennt in Südkorea das olympische Feuer – die deutschen Winterspor­tler haben schon einige Medaillen eingefahre­n. Aber die Begeisteru­ng für die Winterspie­le hält sich bei uns noch in Grenzen. Warum das selbst bei Sportlern so ist, lesen Sie auf

Landkreis Augsburg Den Abteilungs­leiter Skifahren beim SV Gablingen, Robert Stahl, lassen die Olympische­n Winterspie­le bisher kalt. Nur selten schaue er die Übertragun­g im Fernsehen. „Hin und wieder Skispringe­n“, sagt Stahl. Aber die Winterspie­le in Südkorea laufen seit einer Woche. Einige Edelmetall­e gingen schon an die deutsche Delegation in Pyeongchan­g. Bisher führt Deutschlan­d den Medaillens­piegel an. Doch springt der olympische Funke über? Sind die Winterspor­tler im Landkreis schon in Olympia-Stimmung?

Für Robert Stahl steht in Sachen Winterspor­t der heimische Verein im Mittelpunk­t. Er fährt selbst sehr gerne Ski und bildet junge Skifahrer aus. Das Problem ist allerdings: „Die Kinder kommen, machen zwei bis drei Skikurse mit uns und verlassen den Verein dann wieder.“Auch deshalb habe der Winterspor­t in Gablingen Nachwuchsp­robleme, und es fehle an Trainern, erklärt Stahl.

In diesem Zusammenha­ng hat der Abteilungs­leiter ein weiteres Problem mit den olympische­n Winterspie­len: Die Sportarten, die sowohl ihn selbst als auch den Nachwuchs interessie­ren würden, seien in den Medien nicht sehr präsent. Stahl denkt dabei an Fun-Sportarten wie Slopestlye-Snowboard oder Parallelsl­alom. In diesen Diszipline­n sieht er das Potenzial, junge Menschen wieder für den aktiven Winterspor­t zu interessie­ren. „Jeder fährt gerne über die Buckelpist­e, aber nur die wenigsten werden je von einer Skiflugsch­anze springen“, ist er sich sicher.

Noch kritischer sieht die Winterspie­le Christoph Reitmayer, der Leiter des Skiclubs Adelsried. „Eigentlich sollte man die Veranstalt­ung boykottier­en“, betont er. Reitmayer versteht nicht, warum Olympische Winterspie­le in einem Land wie Korea stattfinde­n: „Die Wiege des Winterspor­ts ist hier in Europa.“Die nötige Infrastruk­tur wäre vorhanden gewesen. Außerdem komme in Pyeongchan­g keine richtige Stimmung auf, was auch an den fehlenden Zuschauern liege. „Sport lebt von Emotion“, sagt Reitmayer. Doch die Emotion fehlt in den Augen des Abteilungs­leiters nicht nur in Südkorea. „Es kommt auch keine Stimmung unter Freunden auf. Niemand steht nachts um drei auf und schaut Olympia“, meint Reitmayer. In seinen Augen sollten Sportevent­s eigentlich gesellscha­ftliche Ereignisse sein „und nicht Kommerz“, betont er.

Auch Erich Pux vom Skiclub Neumünster nimmt wenig Anteil an den Olympische­n Winterspie­len. „Ich interessie­re mich schon, habe aber einfach zu wenig Zeit, die Spiele wirklich zu verfolgen“, erklärt er. „Außer den Vereinsfah­rten komme ich selbst nicht mehr wirklich zum Skifahren“, so Pux. Interessie­ren würden ihn vor allem Skispringe­n und Biathlon. Die Entwicklun­g der letzteren Sportart über die vergangene­n Jahre hinweg sei „immens“gewesen. Immer mehr Menschen interessie­rten sich für Biathlon, das Interesse am Winterspor­t allgemein steige, betont Pux. Das zeige auch die Anzahl der Kursteilne­hmer.

Allerdings beobachtet Erich Pux ähnlich wie Robert Stahl, dass „die Jugend nicht unbedingt dabeibleib­t“. Das führt er einerseits auf die Kosten des Skifahrens zurück, anderersei­ts auf die Fülle an Möglichkei­ten, die man als junger Mensch mittlerwei­le habe.

Als „Winterspor­tfan“würde sich Petra Göppel, Teil der Abteilungs­leitung Ski und Wandern beim CSCBatzenh­ofen-Hirblingen, bezeichnen. Bei ihr zu Hause läuft die Übertragun­g, wann immer es geht. Olympia ist in ihrer Familie ein gemeinscha­ftliches Erlebnis. „Wenn es mit der Arbeit passt, schauen wir Winterspie­le“, so Petra Göppel. Allerdings glaubt auch sie nicht, dass die aktuellen Spiele die große Masse erreichen. „Die Zeitversch­iebung ist ein Problem. Die Rennen gehen ja doch sehr früh los“, erklärt sie. Über fehlenden Zulauf kann sich ihre Abteilung allerdings nicht beschweren: „Wir hatten in diesem Jahr bisher 62 Skikurstei­lnehmer und sind mit insgesamt 160 Leuten ins Skigebiet gefahren.“

Auch das Nachwuchsp­roblem, das Robert Stahl in Gablingen beklagt, kennt man in Gersthofen­s zweitgrößt­em Sportverei­n nicht. Mit 13 ausgebilde­ten Übungsleit­ern zwischen 18 und 24 Jahren sei der CSC Batzenhofe­n-Hirblingen gut aufgestell­t, betont Göppel.

„Die Zeitversch­iebung ist ein Problem. Die Rennen gehen ja doch sehr früh los.“Petra Göppel

 ?? Foto: Yonhap/NOTIMEX/dpa ?? Das olympische Feuer in Südkorea brennt seit der Eröffnungs­feier, doch es springt nicht so sehr auf die Menschen hierzuland­e über, um sie zum Zuschauen bei den Spielen zu bewegen.
Foto: Yonhap/NOTIMEX/dpa Das olympische Feuer in Südkorea brennt seit der Eröffnungs­feier, doch es springt nicht so sehr auf die Menschen hierzuland­e über, um sie zum Zuschauen bei den Spielen zu bewegen.

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