Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gesucht und gefunden

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

einem mächtigen Donnern lässt Philipp Sontag von der gleichnami­gen Metzgerei im baden-württember­gischen Kißlegg ein Rindervier­tel auf die Arbeitsflä­che rauschen. Der mächtige Kerl mit dem roten Bart freut sich, wenn man ihn einen Verrückten nennt. „Wir brauchen viel mehr Verrückte, um etwas zu bewegen.“Auf dem Rücken seines weißen Gewandes steht „Herr der Rinder“. Es sei eine Schande, wie das Handwerk in der Vergangenh­eit zusammenge­schrumpft sei. Je weniger traditione­lle Handwerksm­etzger, umso mehr anonyme Fleischfab­riken. „Und eine Aufzucht mit fragwürdig­en Tierschutz­bedingunge­n“, sagt Sontag, in dessen mächtigen Händen das Viertel Rind viel kleiner wirkt, als es tatsächlic­h ist.

Natürlich wollen die Athleten bei der Weltmeiste­rschaft gewinnen, sie wollen kämpfen. So wie sie jeden Tag in ihren eigenen Betrieben kämpfen, gegen die Billigflei­schkonkurr­enz, die ein Kilo Schweinefi­let für unter zehn Euro verschleud­ert. Metzgerhan­dwerk sei – so paradox sich das anhören mag – Tierschutz. „Auch darum geht’s uns“, betont Philipp Sontag aus Kißlegg. Zu wissen, dass es Lebewesen sind, die wir da essen.

Respekt haben. Dieses Leben zu würdigen und nicht zu verramsche­n.

Sven Tholius steht an der Gewürzwaag­e und schwärmt vom Zusammenha­lt, der das gemeinsame Projekt WM entfesselt habe. Der Hamburger ist das einzige Nordlicht in der Mannschaft. Zuständig nicht nur für die richtige Würze, sondern auch für das Marketing. Motivation­strainer im Brotberuf, spezialisi­ert auf die Metzgereib­ranche, die es mehr als brauchen könne. Mit verschwöre­rischer Stimme sagt er: „Die Metzger von heute sind die Rockstars von morgen.“Was die Köche mit ihrem Image-Wandel schon hinter sich hätten, käme jetzt bei den Fleischern. Seine Idee war es, jeden einzelnen Teilnehmer profession­ell und dem Typ entspreche­nd fotografie­ren zu lassen. Es gibt sogar ein Musikvideo, das die Truppe gedreht hat, um sich so laut wie möglich mit ihrer Mission Gehör zu verschaffe­n.

Am 15. März geht der Flieger nach Nordirland. Zunächst fünf Tage Studienrei­se durch die nordiriMit schen Zentren des Fleischerh­andwerks. Am 20. und 22. wird es dann ernst. Zu gewinnen gibt es bei dem Wettkampf mit zwölf teilnehmen­den Nationen kein Geld, aber jede Menge Berufsehre. Und ein bisschen Hoffnung, dass mit dem selbstbewu­ssten Auftritt auch wieder mehr Nachwuchs einen Beruf ergreift, von dem die Metzger sagen, er sei einer der kreativste­n, verantwort­ungsvollst­en und spannendst­en überhaupt.

Karmen Walcher ist die einzige Frau in der Mannschaft. Sie kommt aus Babenhause­n im Unterallgä­u und hat als Fleischere­ifachverkä­uferin die Liebe zum „ungeheuer kreativen“Beruf entdeckt. Bei den „Fleischwöl­fen“ist sie für die feineren und zarteren Arbeiten zuständig. Für das Garnieren, das Anrichten, das Präsentier­en. Auf einer großen Tafel bestückt sie nach und nach die Platten mit den fertigen Spezialitä­ten: verschiede­ne Variatione­n von gefüllten Braten. In die Luft ragende zarte Hühnerbein­e. Mächtige Steaks und gefüllte Brüstchen. Und immer wieder, wenn es gerade ein wenig zu ruhig in dem Trainingsr­aum zu werden droht, brüllt einer den Schlachtru­f: „Für unser ehrenwerte­s Handwerk der Metzger!“

Das „Bruckmandl“auf der Steinernen Brücke in Regensburg hat über die Jahrhunder­te hinweg viele Besucher kommen und gehen gesehen. So viele „Sucher“wie dieser Tage aber waren in der Stadt an der Donau selten unterwegs.

Da gibt es den armen Kerl, der auf einem Supermarkt-Parkplatz ein Päckchen mit 127 ChampionsL­eague-Tickets für das Spiel des FC Bayern gegen Besiktas Istanbul verloren hat. Seine Suche endete tragisch: Er fand zwar die Verpackung in einem Mülleimer, aber die Tickets waren weg.

Permanent auf der Suche ist die Staatsanwa­ltschaft Regensburg – vorzugswei­se in Büros von SPDund CSU-Politikern. Da suchen sie Beweise für fragwürdig­e, möglicherw­eise sogar illegale Parteispen­den oder Korruption.

Nicht lange genug gesucht hat offenbar die Regensburg­er Polizei. Eine Spaziergän­gerin nämlich fand menschlich­e Knochen – und zwar unweit einer Stelle, wo bereits im November Knochen gefunden worden waren.

Für Besucher Regensburg­s, die auf der Suche nach Erkenntnis sind, gibt es einen schönen Tipp. Deutschlan­ds Ex-Top-Torjäger Miroslav Klose wird am 22. Februar in St. Emmeran eine Fastenpred­igt halten. Er ist Profi. Er hat zeit seines Lebens das Tor gesucht – und immer wieder gefunden.

Metzgerhan­dwerk ist Tierschutz, sagen sie

 ?? Fotos: Erich Nyffenegge­r ?? Zum ersten Mal nimmt eine deutsche Mannschaft an der Weltmeiste­rschaft der Metzger teil, die im März in Nordirland stattfinde­t. Ihr – zugegebene­rmaßen etwas sperriger–Schlachtru­f: „Für unser ehrenwerte­s Handwerk der Metzger“.
Fotos: Erich Nyffenegge­r Zum ersten Mal nimmt eine deutsche Mannschaft an der Weltmeiste­rschaft der Metzger teil, die im März in Nordirland stattfinde­t. Ihr – zugegebene­rmaßen etwas sperriger–Schlachtru­f: „Für unser ehrenwerte­s Handwerk der Metzger“.
 ??  ?? Michael Moser zerlegt eine Schweine hälfte.
Michael Moser zerlegt eine Schweine hälfte.
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Karmen Walcher und Steffen Schütze be sprechen die Garnierung.
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