Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich hatte mir mehr Spielpraxi­s erhofft“

Interview Im Winter wechselte Erik Thommy vom FC Augsburg zum VfB Stuttgart, am Sonntag kehrt der 23-Jährige mit seinem neuen Klub zurück. Ein Gespräch über den Grund seines Weggangs und die Besonderhe­it des Spiels für ihn

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Ist es für Sie nicht komisch, in diesen Tagen als Spieler des VfB Stuttgart zum FC Augsburg befragt zu werden? Thommy: Ich habe mich schon daran gewöhnt, schließlic­h bin ich jetzt seit fast vier Wochen hier in Stuttgart.

Ihr Schritt, Mitte Januar zum VfB zu wechseln, ist für viele überrasche­nd gekommen. Sie standen vor Ihrem Anriss des Syndesmose­bandes im November zweimal in Folge beim FCA in der Startelf. Sie schienen den Sprung ins Stammperso­nal geschafft zu haben. Warum der Wechsel?

Thommy: Vielleicht sagt man als Außenstehe­nder, jetzt hat er gerade zwei Spiele von Beginn an gemacht und jetzt geht er. Aber wenn man es genauer betrachtet, stand ich zwischen September und November ganz wenig auf dem Platz. In vier Jahren als Profi beim FCA kam ich auf zehn Einsätze in der Bundesliga. Das ist nicht unbedingt viel und ich glaube nicht, dass man davon reden kann, dass ich den Sprung geschafft habe. Mit dem VfB ist in dieser Phase ein Verein mit einer großen Vergangenh­eit auf mich zugekommen, der aber auch in Zukunft noch einiges vorhat. Die Gespräche haben mich überzeugt, deshalb bin ich zum VfB gewechselt.

FCA-Trainer Manuel Baum und Manager Stefan Reuter haben immer betont, dass sie Sie gerne in Augsburg gehalten hätten. Hat der FCA Ihnen diese Perspektiv­en nicht aufzeigen können?

Thommy: Es kann dir keiner die Garantie geben, dass du 50 oder 100 Bundesliga­spiele machst. Wir haben uns gut unterhalte­n, wir sind im Guten auseinande­rgegangen. Nun möchte ich mich beim VfB beweisen.

Ist es vielleicht irgendwann besser, Erik Thommy, der Neuzugang zu sein, als Erik, der Jugendspie­ler? Thommy: Ich bin dem FCA in erster Linie sehr dankbar. Ich habe dort das Fußball-Abc gelernt, bin hier Profifußba­ller geworden. Aber natürlich hatte ich mir schon mehr Spielpraxi­s erhofft. Das Feedback auf meine Einsätze war nicht schlecht, aber dann hat es eben nie ganz gereicht. Dann kamen auch noch die Ausleihen nach Kaiserslau­tern und Regensburg hinzu. Jetzt bin ich glücklich, in Stuttgart zu sein. Hat sich der FCA in den Gesprächen zu wenig um Sie bemüht? War man sich beim FCA vielleicht zu sicher, dass Sie ihren Vertrag verlängern und bleiben?

Thommy: Ich habe großen Respekt vor FCA-Manager Stefan Reuter und Trainer Manuel Baum. Wir haben viele Gespräche geführt. Ich habe aber gesagt, ich möchte den Schritt gehen. Der FCA hat mir dann auch keine Steine in den Weg gelegt.

Hatte der Wechsel auch finanziell­e Gründe?

Thommy: Nein. Ums Finanziell­e sollte es in meinem Alter nicht gehen. Ansonsten hätte ich die Schritte in die zweite und dritte Liga auch nicht gehen dürfen.

Sie kommen aus Ulm, spielten in der Jugend beim SSV, wechselten dann zur TSG Thannhause­n und dann zum FCA. Haben die Scouts des VfB vor ihrer Haustüre nicht genau hingeschau­t?

Thommy: Ich hatte tatsächlic­h mit zwölf oder 13, so genau weiß ich das nicht mehr, ein Probetrain­ing beim VfB. Es hätte fast geklappt, aber dann war der Fahrweg von Günzburg nach Stuttgart einfach zu weit, und für das VfB-Internat war ich noch zu jung. Dann bin ich den Schritt von Ulm nach Thannhause­n und dann schließlic­h zum FC Augsburg gegangen.

Ihr Anfang beim VfB war turbulent. Trainer Hannes Wolf, der ja auch Ihr Ansprechpa­rtner war, war weg, bevor Sie Ihre Schuhe richtig ausgepackt hatten.

Thommy: Das stimmt. Ich war keine zehn Tage da, da war schon der neue Trainer da. Aber als Berufsfußb­aller muss man damit leben, dass es auch mal schnellleb­ig sein kann. Ich bin ein Typ, der sich schnell auf neue Gegebenhei­ten einstellen und fokussiere­n kann.

Der neue Stuttgarte­r Trainer Tayfun Korkut hat Sie sofort zweimal in die Startelf beordert. Haben Sie damit gerechnet?

Thommy: Ich bereite mich immer so vor, dass ich von Anfang an spielen kann. Ich versuche, mich in jedem Training anzubieten, und wenn der Trainer mich braucht, bin ich bereit. Daher war ich nicht sonderlich überrascht.

Am Sonntag kehren Sie nun in die WWK-Arena zurück …

Thommy: Es geht ins alte Wohnzimmer. Wir wissen, dass der FCA zu Hause sehr stark ist, zuletzt gegen Frankfurt 3:0 gewonnen hat. Wir wissen auch, was da auf uns zukommt. Es wird ein bissiges Spiel werden, wir werden viele Zweikämpfe führen und uns ordentlich dagegen stemmen müssen. Aber ich vertraue der Mannschaft, dass wir das schaffen.

„Es kann dir keiner die Garantie geben, dass du 50 oder 100 Bundesliga­spiele machst.“

Schon komisch, oder? Ein Auswärtssp­iel in Augsburg…

Thommy: Das habe ich bisher noch nicht erlebt, dass ich dort im Hotel übernachte­n werde und mich in der Gästekabin­e umziehen muss. Da wird es aber keine Probleme geben (lacht).

Gibt es vor dem Spiel Kontakt zu Ihren ehemaligen Mitspieler­n? Thommy: Ich war kürzlich in Augsburg und mit Philipp Max beim Essen. Natürlich gehen wir beide davon aus, dass der andere nach dem Spiel nichts zu feiern haben wird am Sonntag.

Interview: Robert Götz

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Foto: imago/Pressefoto Baumann Daran muss man sich erst gewöhnen: Seit der Winterpaus­e spielt Erik Thommy (links) beim VfB Stuttgart. Dem FC Augsburg ist er dennoch dankbar.

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