Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Einer der schnellste­n Männer Deutschlan­ds

Leichtathl­etik Sprinter Aleksandar Askovic will bei den deutschen Hallenmeis­terschafte­n die nächste Topleistun­g zeigen. Dass er in Dortmund startet, galt lange als fraglich. Die sportliche Qualifikat­ion spielte nur eine untergeord­nete Rolle

- VON JOHANNES GRAF

Am Freitagvor­mittag galt die Konzentrat­ion von Aleksandar Askovic noch einmal gänzlich dem Studium. Eine Physik-Klausur stand an, ehe sich der 20-Jährige vollends dem Leistungss­port widmen konnte. Tasche packen, ins Auto setzen, ab nach Dortmund. Am heutigen Samstag ermitteln im Ruhrgebiet die besten Leichtathl­eten Deutschlan­ds ihre Hallenmeis­ter. Dass der Augsburger Askovic unter ihnen ist, dass der Sprinter über 60 Meter an den Start gehen kann, das galt lange als äußerst fraglich.

Der junge Mann von der LG Augsburg hat aufregende Monate hinter sich, er hoffte und bangte, musste Rückschläg­e verkraften, erlebte aber ebenso sportliche Höhepunkte. Wenn er sagt „Jetzt steht nichts mehr Weg“, lässt sich dies auf mehrere Bereiche übertragen.

Askovic hat große Ziele und Träume, unter anderem Teilnahmen an Welt- und Europameis­terschafte­n, vielleicht sogar an Olympische­n Spielen. Dass der Weg dorthin steinig ist, dass viel Arbeit auf ihn wartet, weiß er. „Aber man darf schließlic­h träumen“, hat er vor acht Monaten gesagt. Seitdem ist einiges passiert in seinem Leben, seinen Träumen ist er nähergekom­men.

Nicht plötzlich, aber stetig hat sich Askovic verbessert. Ganz im Sinne seines Trainers Stefan Wastian, der seit knapp vier Jahren das Augsburger Sprinttale­nt betreut. Wastian denkt nicht in Platzierun­gen. „Für mich zählt nur die jährliche Verbesseru­ng“, betont er. Wobei das eine das andere bedingt. Weil Askovic seine Zeiten stetig steigerte, holte er Titel und qualifi- zierte sich für die deutsche Meistersch­aft. Aktuelle Bestzeit über 60 Meter: 6,70 Sekunden. In der deutschen Bestenlist­e liegen aktuell lediglich drei Sprinter vor Askovic. Entspreche­nd formuliert der 20-Jährige seine Erwartung vor den Wettkämpfe­n in Dortmund. Er strebt den Finallauf mit den besten acht Läufern an. „Im Finale kann dann alles passieren“, sagt Askovic. Trainer Wastian wäre höchst zufrie- den, würde sein Schützling die 6,70 Sekunden bestätigen, die dieser jüngst beim bayerische­n Titelgewin­n lief. Gemeldet hat Askovic auch über 200 Meter. Er hofft aber, dass er auf seinen „Plan B“nicht zurückgrei­fen muss. 200 Meter will er nur laufen, sollte er über 60 Meter frühzeitig scheitern.

Askovic nimmt erstmals an nationalen Titelkämpf­en teil. Die größte Hürde, die der 20-Jährige dafür überwinden musste, stand auf keiner Tartanbahn, sie stellte die deutsche Bürokratie dar. Askovic ist in Belgrad geboren. Als Vierjährig­er zog er mit Mutter Jadranka und Vater Zoran aus Serbien nach Deutschlan­d. Bis Mitte Januar musste der junge Mann warten, jetzt hat er einen deutschen Pass und darf bei deutschen Meistersch­aften starten.

Für Askovic ist das von immenser Bedeutung. Die deutsche Staatsbürg­erschaft hat ihm einen Schub verpasst, er wirkt befreit, merkt, es geht vorwärts in seiner Leichtathl­etikkarrie­re. Askovic, ein bescheiden­er und zurückhalt­ender Typ, fasst knapp zusammen: „Ich fühle mich gut.“Der deutsche Pass öffnet ihm Türen. Der 20-Jährige will seine Bestzeit im Freien – aktuell 10,40 über 100 Meter – verbessern und sich auf Meetings für einen Platz im deutschen Kader empfehlen. Im Juli finden in Nürnberg deutsche Meistersch­aften statt, im August in Berlin Europameis­terschafte­n.

Ein Vereinswec­hsel scheint nicht nötig zu sein, um seine Ziele zu erreichen. Die Rahmenbedi­ngungen in Augsburg verbessern sich stetig. Ein großzügige­r Sponsor unterstütz­t Askovic seit kurzem; im Dezember bereitete er sich in einem Trainingsl­ager auf Teneriffa vor; zudem nimmt er das Angebot des TV Augsburg wahr, der der LG Augsburg seinen Fitnessrau­m zur Verfügung stellt. Geradezu perfekt wären die Bedingunge­n mit einer Halle, die ganzjährig­es Bahntraini­ng zulässt. Askovic und die anderen LG-Athleten behelfen sich mit Einheiten in der Münchner Linde-Halle.

Askovic ist kein Muskelprot­z, will ein Technikspr­inter bleiben. Schrittlän­ge, Kniehebung, Winkel beim Start, Zehenspitz­enlauf – das sind die Schräubche­n, an denen er dreht. Doch auch an der Kraft wird gearbeitet. Er stemmt nicht nur Gewichte, er hat sich parallel dazu mit Nahrungser­gänzungsmi­tteln auseinande­rgesetzt. Zwei Kilo hat er zugelegt, wiegt jetzt 72 Kilogramm bei einer Körpergröß­e von 1,78 Meter. Askovic’ Sorgen hätten andere gerne. Denn: „Zunehmen war die größte Schwierigk­eit“, sagt er.

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 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Daumen hoch! Aleksandar Askovic zählt zu den schnellste­n Männern Deutschlan­ds. Bei den deutschen Hallenmeis­terschafte­n in Dortmund startet er als einziger Augsburger.
Foto: Siegfried Kerpf Daumen hoch! Aleksandar Askovic zählt zu den schnellste­n Männern Deutschlan­ds. Bei den deutschen Hallenmeis­terschafte­n in Dortmund startet er als einziger Augsburger.

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