Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Richtlinien überarbeiten
sprünge über eine Bank in einer halben Minute schaffen. „Von 70 Bewerbern kamen nur 42 zum Sporttest, davon fielen 25 durch“, berichtet Bechtel.
Dabei müsse man kein Übersportler sein, um die Prüfung zu bestehen. „Der Test ist kein Geheimnis. Er ist im Internet mit allen Zeiten veröffentlicht.“Man könnte sich also entsprechend vorbereiten, findet er. Zum schriftlichen Teil wurden nur noch 17 Bewerber eingeladen. Einer kam nicht, ein nächster fiel durch. Lediglich elf Bewerber erhielten eine Einladung zum persönlichen Gespräch. Acht wurden eingestellt. Diese Anwärter seien sehr gut, beteuert Bechtel. Doch die Auswahlmöglichkeit war letztendlich sehr begrenzt. Das liegt auch an einem weiteren Problem. Um Berufsfeuerwehrmann oder -frau werden zu können, müssen Interessenten eine abgeschlossene Ausbildung in einem handwerklichen Beruf oder in der Rettungsassistenz vorweisen. Das ergibt durchaus Sinn. Der Brandamtmann nennt ein Beispiel: „Ein Zimmermann etwa kann bei einem Dachstuhlbrand einschätzen, wie lange die Konstruktion noch hält.“Allerdings gebe es immer weniger Handwerker. „Und diejenigen, die einen Job haben, wollen nicht unbedingt zu uns. Die verdienen draußen viel mehr.“
Ginge es nach dem Feuerwehrsprecher, würde man in Augsburg manche Bedingungen für eine Einstellung lockern. „Es gibt viele potenzielle Kandidaten, die zwar andere Berufe haben, aber bei der freiwilligen Feuerwehr sind. Die sollte man bei entsprechender Eignung auch einstellen können.“Bechtel verweist auf die Berufsfeuerwehr München, die inzwischen sogar Bankkaufleute nehme. „Die grasen richtig ab. Ihre Leute haben auch keine Residenzpflicht mehr.“Die Feuerwehrmänner kämen bis aus Österreich. „Sie bilden dann Fahrgemeinschaften für ihre Schichtdienste.“Längst überholt findet Bechtel auch, dass Menschen mit Brille nicht eingestellt werden. „Es gibt Maskenbrillen.“Bei der Augsburger Berufsfeuerwehr wolle man nun offensiv für Nachwuchs werben.
Plakate sind bereits in Arbeit, auf der Augsburger Frühjahrsausstellung afa präsentieren sich die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr am eigenen Stand. Bechtel selbst hält den Beruf des Feuerwehrmannes für sehr attraktiv. „Es macht Freude, anderen Menschen zu helfen. Das wiegt auch die nicht so schönen Einsätze auf.“Der Feuerwehrsprecher erhofft sich von der anstehenden Plakatoffensive mehr geeignete Bewerber. Dass jemand nach zwei Metern unter Wasser wieder auftaucht, würde er gerne nicht mehr miterleben. „Das war nicht einmal eine Note sechs.“»Kommentar
Der bayerische Feuerwehrverband befürchtet bei der freiwilligen Feuerwehr in den nächsten Jahrzehnten einen akuten Nachwuchsmangel. In manch bayerischen Gemeinden mussten Feuerwehren wegen Personalnot sogar schon ganz aufgeben. Bei der Berufsfeuerwehr Augsburg hat man derartige Sorgen zum Glück nicht. Dennoch könnte es in den kommenden Jahren auch hier personell problematisch werden. Viele Beamte gehen in Pension, geeignete Bewerber werden immer weniger. Dass etliche der jungen Anwärter allein bei der Sportprüfung die Anforderungen nicht mehr erfüllen, ist alarmierend. Da fehlt es auch an Ehrgeiz. Wer den Beruf erlernen will, sollte sich entsprechend auf die Prüfungen vorbereiten. Es geht schließlich darum, unter größtem Druck Menschenleben zu retten und nicht den kleinen Drachen Grisu aus der Kinderserie zu spielen.
Wichtig ist aber auch, dass die Einstellungsrichtlinien, die im Beamtenrecht festgeschrieben sind, überarbeitet und wenn möglich modernisiert werden. Damit könnte man den Kreis der potenziellen Bewerber ausweiten. Auch die Residenzpflicht lässt sich überdenken. Das wäre Aufgabe der Stadt. In München war das offensichtlich möglich.