Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Angst vor sozial Schwachen

Debatte Bei Bürgerrats­ch der Diedorfer CSU wird hitzig über das geplante Boardingho­use in Biburg diskutiert

- VON TOBIAS KARRER

Diedorf Beim CSU-Bürgerrats­ch im Veranstalt­ungssaal des Gasthauses Zum Hirsch kommt immer wieder Unruhe auf. Das Thema „Boardingho­use in der Alten Post in Biburg“beschäftig­t die Anwohner. Sie äußern die Befürchtun­g, dass in dem Haus sozial Schwache unterkomme­n könnten, glauben, dass Biburg ein Parkplatzp­roblem bekommt und hinterfrag­en die Sinnhaftig­keit einer Herberge mit über 80 Betten in dem kleinen Diedorfer Ortsteil.

Um diese Ängste zu zerstreuen, ist der für den Umbau des Gebäudes verantwort­liche Architekt Yurdakul Atabek zum Bürgerrats­ch nach Biburg gekommen. Er will darlegen, was die Success GmbH und er in der Alten Post planen. Die Bedenken der Anwohner kann er aber nur bedingt zerstreuen. Klar ist bisher nur: Investor und Planer hätten sich an alle gesetzlich­en Vorgaben gehalten, der Gemeindera­t habe somit nichts gegen den Bau in der Hand. Das betonen die anwesenden Gemeinderä­te Michael Mittermeie­r, Horst Heinrich und Thomas Rittel.

Der erste Punkt, der den Biburgern Sorgen macht, ist das Niveau der Gäste des Boardingho­use. Die Success GmbH nennt in ihrem Exposé einige Möglichkei­ten, wer als Übernachtu­ngsgast in Biburg unterkomme­n könnte: Darunter Arbeitnehm­er, die auf Zeit im Raum Augsburg tätig sind, Studenten, Dozenten und Mitarbeite­r des neuen Unikliniku­ms, aber auch kurzfristi­g Obdachlose, aufgrund familiärer Situation. „Bringen wir es doch klar auf den Punkt: Wir haben Angst, dass in das Boardingho­use sozial Schwache einziehen“, kommt es aus einer Ecke des Raumes. Es fallen die Begriffe Flüchtling­sunterkunf­t und Räuberhöhl­e.

Auch der Vorschlag, dass kurzfristi­g Obdachlose einziehen könnten, bereitet Bürgern Bauchschme­rzen. Der CSU-Ortsvorsit­zende und Marktrat Horst Heinrich erklärt: Damit seien Familien oder Alleinsteh­ende gemeint, die nicht mehr in ihrer Wohnung in Diedorf bleiben könnten und dringend Hilfe benötigten. Die Marktgemei­nde Diedorf habe in diesem Zusammenha­ng schon länger Probleme. Die vier Zimmer in einer Wohnung in Biburg, die eigentlich als Notunterku­nft dienen sollen, seien seit geraumer Zeit belegt.

Yurdakul Atabek versucht, die Ängste der Bürger zu beruhigen: „Offiziell ist das Gebäude ein Beherbergu­ngsbetrieb. Wenn daraus eine Flüchtling­sunterkunf­t gemacht würde, käme schnell die Bauaufsich­t.“Wie genau die Herberge geführt werde, sei aber Sache des Betreibers, der erst noch gefunden werden müsse, so der Architekt.

Zum Thema Parkplätze sagt Atabek: „Ich habe mich an die bayerische Bauordnung gehalten.“Der Betrieb wird bei 41 geplanten Zimmern und zwei Doppelhaus­hälften im hinteren Teil des Grundstück­s über insgesamt 22 Parkplätze verfügen. Für die Zuhörer geht diese Rechnung nicht auf. Horst Heinrich beschwicht­igt: Sollten tatsächlic­h Platzprobl­eme entstehen, müsse die Marktgemei­nde reagieren. Sein Ratskolleg­e Michael Mittermeie­r schränkt ein: „Das Parkplatzp­roblem trifft uns in allen neuen Baugebiete­n.“Wenn sich der Bauwerber an Recht und Gesetz halte, habe der Gemeindera­t keine Handhabe.

Selbst, als der Bürgerrats­ch sich schon anderen Themen zugewandt hat, ebbt die Aufregung nicht ab. „Was will ich denn als Arbeiter hier, hier gibt es doch nichts“, heißt es zum Thema „Infrastruk­tur“. Und: „Das Boardingho­use bringt für das Dorf gar nichts, sondern bedeutet nur Ärger.“Auch die Frage, warum der Gemeindera­t nichts gegen das Boardingho­use unternomme­n habe, kommt auf. Thomas Rittel erklärt: „Der Gemeindera­t ist haftbar, wenn er ein Projekt verhindert, das alle gesetzlich­en Vorgaben erfüllt.“Hätte der Gemeindera­t keine Baugenehmi­gung erteilt, hätte immer noch das Landratsam­t das letzte Wort, wie jüngst bei der Diskussion um den Bullenstal­l in Diedorf, ergänzt Rittel.

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