Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit dem Zollstock im Wald

Forst Ab März werden die Jungbäume in den Wäldern im Augsburger Land wieder auf Verbisssch­äden untersucht. Die Ergebnisse dieser Stichprobe­n haben Einfluss auf die Abschussqu­oten für die Jahre 2019/2020

- VON GERALD LINDNER

Ab März werden die kleinen Waldbäume auf Verbisssch­äden untersucht. Die Ergebnisse dieser Prüfungen haben Einfluss auf die Abschussqu­oten.

Landkreis Augsburg/Adelsried Mit Zollstock, Maßband und GPS-Gerät im Wald: Ab März bietet sich dieses Bild im Augsburger Land häufiger. Doch die Männer, die so gerüstet durch die Wälder streifen, gehören nicht zu einem Fällkomman­do. Vielmehr geht es um den Erhalt junger Gewächse. Was es damit auf sich hat, demonstrie­rten Förster des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten bei einer Auftaktver­anstaltung zum „Forstliche­n Gutachten zur Waldverjün­gung“im Wald bei Adelsried.

Dieses Gutachten wird seit dem Jahr 1986 alle drei Jahre für jede der rund 750 Hegegemein­schaften in Bayern erstellt. Im Augsburger Land gibt es zehn davon. Ab Anfang März bis Ende April wird auf systematis­ch ausgewählt­en Flächen, auf denen im Wald junge Nadel- und Laubgehölz­e unter den großen Bäumen nachwachse­n, der Zustand der jungen Waldbäume aufgenomme­n.

Diese Stichprobe­ninventur soll helfen, die Abschussqu­oten so zu halten, dass Wildbestan­d und Baumwachst­um in erträglich­em Maße gedeihen können. Deshalb werden nun bayernweit im Forst die Daten erhoben, die in dieses forstliche Gutachten – im Volksmund Verbissgut­achten genannt – fließen. „Registrier­t werden der Verbiss und die Fegeschäde­n“, erklärte Wolfgang Sailer, der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten, beim Lokaltermi­n. Fegeschäde­n entstehen, wenn ein Rehbock den Bast seines neuen Geweihs an Pflanzen abreibt oder sein Revier markiert. Wegen der Körperhöhe des Schalenwil­ds werden nur Pflanzen von 20 Zentimeter­n bis zu einem Meter Höhe untersucht. „Es zählen nur die Schäden durch Rehwild, Verbiss durch Hasen und Mäuse wird nicht gewertet.“Bei höheren Bäumchen wird auf Fegeschäde­n kontrollie­rt.

Werden die festgestel­lten Schäden von den Forstleute­n als „zu hoch“oder „deutlich zu hoch“eingestuft, werden die Empfehlung­en für die Abschussza­hlen beim Reh- wild nach oben gesetzt. Deswegen ist dieses Gutachten bei Jägern – die viel Wild in ihren Revieren haben möchten – durchaus umstritten. Im Waldgesetz für Bayern gilt jedoch der Grundsatz „Wald vor Wild“.

„Um den Zustand der jungen Gehölze zu untersuche­n, wird über die Waldfläche­n in ganz Bayern ein Gitternetz gelegt, dessen Maschenwei­te jeweils 1,2 Kilometer beträgt“, erläuterte Thomas Miehler, Revierleit­er des Forstrevie­rs Biburg. Jedes dieser Gitter hat einen eigenen „Gitternetz­punkt“. Von dort aus wird die nächstgele­gene Verjüngung­sfläche gesucht. „Für eine Hegegemein­schaft, die meist aus 20 bis 30 Revieren besteht, braucht man zwi- schen 30 und 40 solcher Punkte.“Auf jeder Fläche werden entlang einer Geraden an fünf Stichprobe­punkten jeweils 15 Einzelbäum­chen untersucht. Die Förster halten bei Waldbäumen fest, ob der Leittrieb verbissen wurde, die Pflanze also krumm weiterwäch­st, oder ob sich parallel ein Seiten-Ersatztrie­b gebildet hat. Weiter trägt der Förster in sein GPS-gesteuerte­s Laptop ein, ob das obere Drittel der Pflanzen verbissen wurde und um welche Baumart es sich handelt. „Jede Stelle kann im Nachhinein wieder gefunden werden“, so Miehler weiter.

Die Daten werden dann von der Bayerische­n Landesanst­alt für Wald und Forstwirts­chaft ausgewerte­t und dem Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten zur Verfügung gestellt, das sie wiederum für jedes Revier einzeln analysiert.

Amtsleiter Wolfgang Sailer betont, die Abschussqu­ote sei lediglich eine Empfehlung an die Jäger. „Wenn wir die Situation als ,nicht tragbar‘ bewerten, muss trotzdem nicht unbedingt die Abschussqu­ote erhöht werden.“Hans Fürst, der Vorsitzend­e der Jägerverei­nigung Augsburg, forderte: „Die Abschussqu­ote sollte nur angewendet werden, wenn es in einem Revier Probleme zwischen Jagdpächte­r und Waldbesitz­er wegen des Wildbestan­ds gibt.“Meist einigten sich beide Seiten selbst. »Kommentar

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Fotos: Andreas Lode Im Wald nahe der Autobahnka­pelle erläuterte­n (vorne von links) Thomas Miehler vom Forstrevie­r Biburg I, Hans Fürst (Vorsitzend­er Jägerverei­nigung Augsburg) und Wolf gang Sailer (Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten), wie genau die Pflänzchen...
 ??  ?? Bäumchen, die 20 Zentimeter oder grö ßer sind, müssen auch auf Verbiss unter sucht werden und werden mit Wäsche klammern oder Schleifche­n markiert.
Bäumchen, die 20 Zentimeter oder grö ßer sind, müssen auch auf Verbiss unter sucht werden und werden mit Wäsche klammern oder Schleifche­n markiert.

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