Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sie war eine Geisel im Knast

Große Trauer um Psychologi­n Preusker

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Augsburg Das Bild auf ihrer Internetse­ite zeigt Susanne Preusker in Winterklei­dung, auf der Wollmütze und in ihrem Schal hat sich ein wenig Schnee verfangen. Neben dem Foto hat die Familie der 58-Jährigen einen kurzen Text verfasst: „Voller Achtung und Liebe trauern wir um Susanne Preusker, geliebte Mutter und Ehefrau. Sie hat sich am Dienstag, 13. Februar 2018, entschiede­n, aus dem Leben zu scheiden.“

Warum die frühere Gefängnisp­sychologin nicht mehr leben wollte, weiß in der Öffentlich­keit niemand. Doch Menschen in ganz Deutschlan­d nehmen Anteil an ihrem Tod. Sie erinnern sich an den Tag vor fast neun Jahren, von dem Susanne Preusker selbst sagte, dass er ihr Leben zweigeteil­t hat.

Sie arbeitete damals als Cheftherap­eutin in der Justizvoll­zugsanstal­t Straubing. An diesem 7. April 2009 kam ein Häftling zu ihr ins Büro, bat um ein Gespräch. Der verurteilt­e Mörder und Sexualtäte­r fesselte Preusker, verbarrika­dierte die Tür und vergewalti­gte sie mehrmals. Sieben Stunden lang war sie in seiner Gewalt, bevor die Polizei den Täter zum Aufgeben bewegte. Preusker konnte nicht mehr arbeiten, weil sie an Angststöru­ngen und Panikattac­ken litt.

Die gebürtige Hildesheim­erin wollte, dass über ihren Fall gesprochen wird. Sie schrieb 2011 das Buch „Sieben Stunden im April – Meine Geschichte vom Überleben“. Warum sie an die Öffentlich­keit gehe, fragte damals eine Journalist­in des Straubinge­r Tagblatts. Sie teile ihr Schicksal mit sehr vielen Frauen, sagte Preusker. „Vergewalti­gung ist (...) gesellscha­ftliche Realität. Und eine konkrete gesellscha­ftliche Realität muss als solche klar benannt werden dürfen.“

In den Jahren danach hat Susanne Preusker ihr neues Leben aufgebaut, schrieb Bücher vom Tier-Ratgeber bis zum Krimi. Stets an ihrer Seite waren ihr Mann und ihr Sohn. Oft betonte Susanne Preusker, wie viel sie ihnen verdanke. Zum Abschied bedanken die beiden sich bei ihr: „für viele glückliche Momente, humorvolle Stunden und all das, was sie ausmachte“.

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Susanne Preusker

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