Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wertvolle Geschenke auf Wattestäbchen
Nächstenliebe Ärmel hoch gegen Blutkrebs hieß es am Wochenende in Wertingen. Der Fußballverband und die Stiftung „Aktion Knochenmarkspende Bayern“kämpfen bei der bayerischen Hallenmeisterschaft in Wertingen zusammen
Wertingen Für den siebenjährigen Dominik ist es das wertvollste Geschenk. Ein passender Stammzellspender stand für ihn bereit und rettete ihm das Leben. Heute ist der junge Fußballspieler wieder gesund und verbindet seine Leidenschaft für den Fußball mit der Werbung für weitere Stammzellenspender.
Während am vergangenen Samstag das Hallenspektakel mit den acht besten Frauenmannschaften aus ganz Bayern in der Mehrzweckhalle in Wertingen ausgetragen wird, nehmen in der Eingangshalle Sportler und Besucher an der bayernweiten Gemeinschaftsaktion der „Stiftung Aktion Knochenmarkspende“– unter der Schirmherrschaft der Präsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm, und des Bayerischen Fußballverbandes – teil.
Christoph Krebs, Abteilungsleiter der Abteilung Fußball des TSV Wertingen ist überzeugt: Stammzellen retten Leben. Deshalb hat er gemeinsam mit anderen Sportsfreunden des TSV Wertingen bereits im Vorfeld der bayerischen Hallenmeisterschaft aktiv Werbung für die öffentliche Typisierungsaktion in der Mehrzweckhalle betrieben. „Für heute ist es mein persönliches Ziel, wenn sich 50 oder sogar 60 neue Teilnehmer typisieren lassen“, sagte er noch am Samstagvormittag. Sein Ziel wird im Laufe des Tages weit übertroffen werden.
91 Teilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren folgen dem Aufruf „Ärmel hoch gegen Blutkrebs“und geben eine Speichelprobe ab. Sie lassen sich in die weltweit vernetzte Spenderdatei aufnehmen und kommen damit zu den 499 potenziellen Stammzellenspendern hinzu, die sich bereits in dem kurzen Zeitraum von Dezember 2017 und Januar 2018 im Rahmen von neun Terminen des Bayerischen Fußballverbandes registrieren haben lassen.
„Das ist mehr als super“, freut sich Christoph Krebs über die hohe Beteiligung. Er sieht in der Abgabe seiner Speichelprobe „eine gute Aktion, weil man damit jemanden retten kann“. Krebs streicht mit einem Wattestäbchen an der Innenseite seiner Backentasche auf und ab.
„Da ist nix dabei“, sagt er. Nur 40 Sekunden dauert die Entnahme seiner Speichelprobe. Der ersten Abgabe folgt eine zweite Kontrollabgabe. Krebs reicht seine beiden Wattestäbchen an die Biologin Doktor Cornelia Kellermann von der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern weiter. Sie verschließt die Speichelproben in einem Reagenzglas und kennzeichnet diese mit den persönlichen Kontaktdaten des Spenders – Alter, Adresse und Telefonnummer. Auch Bürgermeister Willy Lehmeier kommt am Stand vorbei und lobt die Aktion.
Christoph Prestel aus Wertingen ist über die Öffentlichkeitsarbeit des TSV auf die Typisierungsaktion aufmerksam geworden. Mit seinem Kumpel habe er sich dazu schlaugemacht. „Das ist eine tolle Sache, es braucht nicht viel, um zu helfen“, sagt der junge Sportler. Stolz steckt er nach der Speichelprobenabgabe den Stammzellenspenderausweis in seine Geldbörse. Sein Freund lässt sich heute nicht typisieren, das habe er bereits vor längerer Zeit bei einer Typisierungsaktion im Wertinger Gymnasium gemacht, berichtet er.
Auch Gerhard Wiedemann vom TSV Welden wird sich heute nicht typisieren lassen, denn auch er berichtet: „Das habe ich schon vor Jahren gemacht.“Die Brüder Benni und Tobias Schreier kommen extra aus Thierhaupten zur Speichelprobe nach Wertingen. „Wir haben in der Zeitung von der Aktion gelesen. „Uns tut die Abgabe einer Speichelprobe nicht weh, wir sind jung und gesund und können damit helfen“, sagen sie.
Die Abgabe der Speichelproben ist der leichte Teil des Prozesses, der letztendlich Personen mit schlimmen Krankheiten zugutekommen soll. Die Kosten für die Untersuchung seien mit vierzig Euro pro Spender hoch. Diese Summe finanziere die Stiftung ausschließlich aus Spendenmitteln. Kellermann zeigte sich erfreut über die große Beteiligung und über eine Geldspende von 150 Euro. Sie weist in diesem Zusammenhang auf das Aktionskonto hin, mit der Bitte um weitere Spenden. Informationen dazu gibt es unter www.akb.de/spenden.
Am Ende des Tages nimmt Kellermann alle Speichelproben aus Wertingen mit nach München-Gauting in die Bürozentrale der Stiftung. „Dort werden diese Proben aus der Mundschleimhaut in einer molekulargenetischen Gewebeuntersuchung auf spezifische Gewebemerkmale untersucht“, berichtet die Biologin. Die Auswertung werde in „pseudonymisierter“Form – der Datenschutz muss beachtet werden – internationalen Suchzentren zur Verfügung gestellt. „Nur die Ergebnisse der Typisierung geben wir an die weltweite Spenderdatei zur Speicherung weiter“, sagt Kellermann. „Alle relevanten, persönlichen Kontaktdaten der Spender verbleiben in der Stiftung in München“, beteuert sie.
Weltweit können so Transplanteure den passenden Spender finden. Ist irgendwo der Bedarf entdeckt, kommt es in München-Gauting zur Blutstammzellspende. Der transplantierende Arzt entscheidet dann, welche Spendenart für seinen Patienten sinnvoll ist. „Siebzig bis achtzig Prozent werden mit der peripheren Blutstammzellspende gewonnen. Bei dieser nicht eingreifenden Methode werden fünf Tage lang die Blutstammzellen mit Medikamenten vorbereitet“, erklärt Kellermann. Anschließend werden die Stammzellen mit einem „Zellseperator“abgesammelt
Bei der invasiven Methode, der Punktion des Beckenkamms, werden unter einer einstündigen Vollnarkose aus dem Beckenkamm Blutstammzellen entnommen. Langzeitnachwirkungen seien laut der Experten der Stiftung nach dem heutigen Forschungsstand nicht bekannt.