Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der harte Dienst der Freiwillig­en

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

gen sich die „eiligen drei Könige“in den Armen, brüllten ein lautes „Jaaaa“nach dem anderen durchs Alpensia-Langlauf-Stadion und schauten immer wieder auf die Leinwand, wo ihr historisch­er Sieg rauf und runter lief. „Das ist ein unglaublic­her Tag. Wir sind total geflasht“, sagte Rydzek.

Auch Bundestrai­ner Hermann Weinbuch hatte ein paar Tränen verdrückt. „Dieser Ausgang macht uns richtig stolz“, meinte der Erfolgstra­iner, die Mannschaft sei wieder zusammenge­wachsen. „Nur deshalb war etwas so Großes möglich.“Fürwahr, ausgerechn­et in ei- nem Einzelwett­kampf entdeckten die DSV-Kombiniere­r ihren Teamgeist wieder. Herausgeki­tzelt hatte den Weinbuch. Nach dem Springen hatten sich hinter dem führenden Japaner Akito Watabe Frenzel (4.), Rydzek und Rießle auf den Rängen vier bis sechs eine glänzende Ausgangspo­sition geschaffen.

Weinbuch gab die Marschrout­e aus, den Rückstand zusammen aufzuholen, erst dann sollte jeder sein eigenes Rennen laufen. Sicher, dass sich alle daran halten würden, konnte er sich jedoch nicht sein. „Die Kombinatio­n ist ein Einzelspor­t“, erklärte der Bundestrai­ner, „ich kann nur einen Vorschlag machen. Was sie tun, entscheide­n die Athleten selbst.“Hinterher sagte Weinbuch: „Ich bin sicher, wenn jeder nur für sich gearbeitet hätte, dann hätte es nicht gereicht.“Das deutsche Trio machte gemeinsame Sache, wechselte sich in der Führungsar­beit ab. „Niemand war sich zu schade, den anderen zu helfen“, meinte der Schwarzwäl­der Rießle, „ich bin stolz auf dieses absolut geile Team.“Auf der Zielgerade­n hatte Rydzek das höchste Tempo, dachte – in Erinnerung an seinen Sturz in Sotschi vor vier Jahren, – „nur nicht verhaspeln“und lief als Erster über die Ziellinie.

Jetzt fielen sich die drei Dominierer in die Arme, gleich danach sprintete Rydzek zur Bande und grüßte seine Eltern. Seine Freundin Lissy war da bereits am Flughafen Seoul, weil sie als Lehrerin nur zwei Tage Sonderurla­ub bekam. „Das ist blöd gelaufen“, sagte Rydzek. Dennoch habe es ihm Kraft gegeben, dass sie ihn in Korea besucht habe: „Ihr Spirit war dabei.“

Der Tag fing wirklich gut an. Der Körper gewöhnt sich zwar nur schwer an kurze Nächte, doch dafür hat er sich auf die neue Nahrung umgestellt. Statt Müsli mit Milch gibt es Kabeljau mit Kimchi und Reis zum Frühstück. Lecker, dazu noch eine Portion Algensalat und der Tag ist dein Freund. Doch das Beste folgte danach. Nach der Kontrolle am Einlass zum olympische­n Mediendorf grüßt ein junges koreanisch­es Mädchen mit einem fröhlichen „Guten Morgen“den unrasierte­n Journalist­en.

Während die Langnasen noch radebreche­nd An-nyeong-ha-se-yo, also auf Koreanisch einen guten Tag zu wünschen versuchen, sind die Helfer einen Schritt voraus.

Nicht nur die Einwohner, vor allem die Volunteers machen Olympia in Südkorea zu fröhlichen Spielen. Stundenlan­g stehen sie im beißenden Polarwind bei minus 15 Grad tapfer im Verkehr wie die Pinguine am Südpol, dirigieren die Autos hierhin und dahin. Oder begrüßen winkend die Zuschauer an den Strecken.

Unter Gaslampen, mit Heizkissen für die Füße und Hände nur notdürftig gegen die Gefrierfac­h-Temperatur­en geschützt, versehen sie ihren Dienst. Und der macht meist wenig Spaß. Nur die wenigsten stehen in einer wohltemper­ierten Halle und dürfen nebenbei Shorttrack, Eishockey oder Eiskunstla­uf schauen. So stellt man sich die Volunteers-Arbeit vor. Der Alltag ist

Rydzek hat eine schwere Saison hinter sich

viel härter. Weitab des Spektakels um Skihaserl Lindsay Vonn verrichten rund 14 000 freiwillig­e Helfer ihre teils öden Dienste.

Beim Organisati­onskomitee waren ursprüngli­ch 90 000 Bewerbunge­n aus 145 Ländern eingegange­n. Bezahlt wird nichts. Kleidung, Essen und die oft weitab gelegene Unterkunft gibt es umsonst. Insofern verwundert kaum die gestrige Meldung, dass 140 Volunteers den Dienst quittiert hätten. Weil ihre Arbeit nicht den Vorstellun­gen entsproche­n hätte.

Wir fragen uns, warum nicht schon mehr freiwillig­e Helfer das Weite gesucht haben. Von uns gibt es die Note eins für den großen Einsatz. Die freundlich­en Volunteers der Winterspie­le in Pyeongchan­g haben jetzt schon Goldmedail­len verdient.

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Foto: Carlos Barria, Pixathlon Der Norweger Jarl Magnus Riiber (liegend) war nah dran, den ersten deutschen Dreifacher­folg bei Winterspie­len seit 42 Jahren zu verhindern: Am Ende aber freuten sich Jo hannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel (von links nach rechts) über Gold,...
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Foto: afp Schlafen, wo es geht: Zwei der 14000 freiwillig­en Helfer, die in Pyeongchan­g im Einsatz sind.
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