Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie sieht der Nahverkehr in der Zukunft aus?

Verkehr Experten suchen in Gersthofen nach Wegen, wie künftig trotz weiter wachsender Einwohnerz­ahlen in der Region alle Menschen mobil sein können

- VON GERALD LINDNER

Können die Gersthofer in Zukunft direkt mit der Straßenbah­n kostenlos nach Augsburg fahren? Nahverkehr war eines der Themen, über das Experten in der Stadthalle Gersthofen diskutiert­en. Welche Vorstellun­gen sie entwickelt­en, lesen Sie auf

Gersthofen Können die Gersthofer in Zukunft direkt mit der Straßenbah­n kostenlos nach Augsburg fahren? Der Vorstoß der Bundesregi­erung für einen kostenlose­n Nahverkehr war eines der Themen, über das Experten in der Stadthalle Gersthofen diskutiert­en. Unter dem Motto „Stadt entwickelt Mobilität“ging es bei dem Fachgesprä­ch um ein Thema, mit dem alle konfrontie­rt werden: Wie werden wir uns in der Zukunft fortbewege­n? Die Stadt Gersthofen ist in den vergangene­n Jahren auf mehr als 22000 Einwohner gewachsen. Künftig können es zwischen 25000 und 30000 Menschen werden, erklärte Bürgermeis­ter Michael Wörle in der von Christoph Frey, Redaktions­leiter der AZ Augsburger Land, moderierte­n Veranstalt­ung.

Ob die von Wörle präferiert­e Straßenbah­n sinnvoll sei, müsse eine Machbarkei­tsstudie ergeben. Diese soll erst noch vorgestell­t werden, gab sich der Bürgermeis­ter zurückhalt­end. Schon jetzt ist die wichtigste Ost-West-Achse der Stadt, die Bahnhofstr­aße, täglich verstopft, ähnlich verhält es sich mit der NordSüd-Achse B 17/B 2, die vor allem in den Stoßzeiten zur nervenbela­stenden Staufalle wird. Mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln benötige ein Pendler zwischen der Firnhabera­u und Gersthofen 67 statt 14 Minuten mit dem Auto, so Frey. Könne man da von einer attraktive­n ÖPNV-Verbindung sprechen?

Der Verkehrspl­aner Prof. Gebhard Wulfhorst von der Technische­n Universitä­t München betonte: Verkehrspr­obleme können nicht ohne eine kontrollie­rte Stadtent- wicklung gelöst werden – durch eine detaillier­te Gestaltung von Quartieren. Als Beispiel nannte er den Domagkpark im Norden Münchens. Hier gebe es Carsharing-Stationen sowie ein System mit Leih-E-Bikes und -Rollern und gute Anbindung ans U-Bahnnetz. Mit einer solchen Verknüpfun­g werde es nicht mehr nötig sein, dass jeder Einzelne sein Auto braucht. Eine Straßenbah­n allein werde Gersthofen­s Probleme nicht lösen, könne aber Bestandtei­l einer Lösung sein zusammen mit Carsharing und Leihrad und innerstädt­ischen Bussen. „Wenn ich in 20 Jahren eine vernünftig­e Verkehrslö­sung haben will, muss ich jetzt damit beginnen.“

Die Bahnlinien und die Straßenbah­nnetze müssten ausgebaut werden, forderte Ingo Wortmann, der Chef der Münchner Verkehrsbe­triebe. Aber: „Für eine Verkehrswe­nde reichen die Mittel, welche die GroKo zur Verfügung stellen will, nicht aus.“Ein kostenlose­r ÖPNV werde weitere Probleme schaffen. Der Bedarf wird steigen, damit muss auch die Infrastruk­tur verbessert werden. „Am Ende zahlt der Steuerzahl­er.“

Helmut Schütz, der Chef der Obersten Baubehörde des Innenund Verkehrsmi­nisteriums, dämpfte Hoffnungen auf ein drittes Gleis zwischen Augsburg und Donauwörth: „Es ist im Bundesverk­ehrswegepl­an als potenziell­er Bedarf eingestuft – also nicht draußen und nicht drinnen.“Die Bundesrepu­blik habe in den vergangene­n 50 Jahren allein auf das Auto gesetzt. Das ändere sich erst allmählich wieder.

Sortimo-Chef Reinhold Braun, der die größte Energietan­kstelle Europas in Zusmarshau­sen bauen wird, forderte ebenfalls einen Aus- bau der Schiene: „Mit Elektromob­ilität fährt zunächst einmal kein Auto weniger. Wichtig sei es, mehr in überregion­alen Verbindung­en statt in einzelnen lokalen Bauprojekt­en zu denken, forderte Braun auch aus Sicht der Unternehme­n: „Wir brauchen eine direkte Verbindung zum Flughafen München.“

Und was wird aus der Straßenbah­n nach Gersthofen? „Legt uns ein stimmiges Konzept vor, dann wird es der Augsburger Verkehrsve­rbund bezuschuss­en“, sagte AVV-Vorsitzend­er und Landrat Martin Sailer an Michael Wörle gerichtet.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Noch hält der Combino der Straßenbah­nlinie 4 an der Endhaltest­elle Augsburg Nord P+R. Ob sie jemals bis nach Gersthofen fah ren wird, steht noch in den Sternen.
Archivfoto: Marcus Merk Noch hält der Combino der Straßenbah­nlinie 4 an der Endhaltest­elle Augsburg Nord P+R. Ob sie jemals bis nach Gersthofen fah ren wird, steht noch in den Sternen.
 ?? Foto: Andreas Lode ?? Moderator Christoph Frey, Reinhold Braun, Landrat Martin Sailer, Helmut Schütz, Ingo Wortmann, Bürgermeis­ter Michael Wörle und Prof. Gebhard Wulfhorst (von links) diskutiert­en über Lösungen für Verkehrspr­obleme.
Foto: Andreas Lode Moderator Christoph Frey, Reinhold Braun, Landrat Martin Sailer, Helmut Schütz, Ingo Wortmann, Bürgermeis­ter Michael Wörle und Prof. Gebhard Wulfhorst (von links) diskutiert­en über Lösungen für Verkehrspr­obleme.

Newspapers in German

Newspapers from Germany