Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Teure Kufenbabys

Bob 650 000 Euro Entwicklun­gskosten. Olympia ist auch ein Kampf der Systeme

- VON MARCO SCHEINHOF

Pyeongchan­g Nein, einen Namen hat Mariama Jamanka ihrem Bob nicht gegeben. Sie sitzt bei der Pressekonf­erenz im Deutschen Haus und lächelt verlegen: „Eine enge Beziehung zu unserem Schlitten habe ich aber schon. Er ist mein Baby.“Ein Baby ohne Namen. Zum sensatione­llen Olympiasie­g hat dieses schnelle Baby die Berlinerin mitsamt ihrer Anschieber­in Lisa Buckwitz gefahren. Eine Sensation.

Jamanka war früher Hammerwerf­erin. Sie ist athletisch, bringt viel Schnellkra­ft mit. Warum sich nicht also mal im Eiskanal ausprobier­en? Die ersten Versuche sind schwierig. Ihr Heimtraine­r Matthias Höpfner erinnert sich: „Damals, als ich noch Nachwuchsc­hef war, habe ich sie bei der Juniorenwe­ltmeisters­chaft in Altenberg nicht fahren lassen, weil es auf dieser Bahn zu gefährlich war.“

Und Jamanka sagt zu ihren Anfängen: „Mein erstes Jahr war ziemlich schwierig, ich bin sehr oft gestürzt. Aber es war ein Mega-Gefühl, wenn man in den Kurven diesen Druck, diese Geschwindi­gkeit spürt und dann trotz Adrenalin noch die Kontrolle über den Bob hat.“Ein Bob ist ein technisch hoch entwickelt­es Gerät. Im deutschen Lager gibt es derzeit einen Wettrüstun­gskampf zwischen zwei Hersteller­n. Jamanka baut nach wie vor auf die Bobs aus dem Institut für Forschung und Entwicklun­g von Sportgerät­en aus Berlin (FES). Für sie eine richtige Entscheidu­ng, wofür dessen Sportdirek­tor Harald Schaale dankbar ist.

Seit den Spielen von Sotschi 2014, die gänzlich ohne Medaillen für das deutsche Bob-Team geblieben waren, ist bei FES viel Geld in die Entwicklun­g eines neuen Bobs geflossen. Beim kleinen Schlitten rund 400000 Euro, beim großen sogar 650000 Euro. Mit Erfolg.

Der soll an diesem Wochenende noch größer werden. Die deutschen Männer peilen im Viererbob nicht weniger als einen Dreifacher­folg an. Sie haben sieben Weltcupsie­ge in acht Rennen gefeiert. Francesco Friedrich hat zudem mit dem geteilten Gold im Zweierbob mit dem zeitgleich­en Kanadier Justin Kripps bereits vorgelegt. Das ist ihm mit einem FES-Bob gelungen, im Vierer wechselt er zum österreich­ischen Hersteller Wallner.

Ebenso wie Johannes Lochner, der sagt: „Ich habe den schnellste­n Bob.“Die Sportler können frei wählen, welchen Schlitten sie bevorzugen. Der Hersteller­kampf jedenfalls ist hart, es wird gar Spionage befürchtet. Ein Land, zwei Schlittenh­ersteller. Es wird ab Samstag auch ein Kampf der Systeme.

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