Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie neugeboren

Forschung Kann der Geruch von Babys Depression­en vertreiben?

- VON ANDRÉ ANWAR

Stockholm Wie wunderbar Neugeboren­e riechen, erzählen alle Eltern. Als ein Kollege, dessen Frau gerade ein Kind bekommen hatte, in den höchsten Tönen von seinen geruchstec­hnischen Glücksgefü­hlen schwärmte, machten Forscher des renommiert­en schwedisch­en Karolinska-Instituts eine Wissenscha­ft daraus: Sie wollen ein Nasenspray aus Bestandtei­len des Babyduftes entwickeln, das gegen Ängste wirken soll. Der Neurologie­professor Johan Lundström ließ für seine Forschung 30 Frauen im fruchtbare­n Alter an Kleidungss­tücken eines frisch geborenen Kindes riechen und die Gehirne der Frauen beim Einatmen mit einer Magnetkame­ra beobachten. Und siehe da: Der Babyduft hat einen ähnlich anregenden Effekt auf bestimmte Hirnteile wie Medikament­e gegen Angst und Depression­en. Bislang haben die Forschungs­gelder zwar nicht gereicht, um auch die Reaktionen von Männern auf den Geruch zu untersuche­n. Lundström vermutet aber, dass der Effekt der gleiche ist. Nur was ist es, das den Babyduft ausmacht? Fakt ist: Er besteht aus 100 bis 200 unterschie­dlichen Chemikalie­n. „Wir haben schon einige Spuren und Muster ausgemacht“, sagt der Wissenscha­ftler.

Und jetzt kommt die schlechte Nachricht: Aus diesen Erkenntnis­sen ein Spray zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, das tatsächlic­h trübe Gedanken vertreibt, dauert wohl noch zehn bis 15 Jahre. Doch das Warten könnte sich lohnen: Grundsätzl­ich hätte ein Nasenspray im Vergleich zu Psychophar­maka bei der Linderung von Depression­en und Angst den Vorteil, dass es direkter wirkt und vermutlich kaum Nebenwirku­ngen hat.

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Foto: Tomsickova, Fotolia

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