Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie leer bleibt die Südtribüne?

Bundesliga Über 350 Dortmunder Fanklubs boykottier­en heute den Gastauftri­tt des FC Augsburg. Die Proteste gegen die umstritten­en Montagsspi­ele stehen fast mehr im Fokus als die sportliche Bedeutung

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Selbst der Augsburger Flughafen nimmt Rücksicht auf den umstritten­en Montagster­min der Bundesliga. Damit die Fußball-Profis des FC Augsburg direkt nach dem Spiel heute Abend in Dortmund noch zurückflie­gen können, wurde extra das Nachtlande­verbot aufgehoben. Gegen 1 Uhr wird das Charterflu­gzeug in Augsburg zurückerwa­rtet. Denn schon am Samstag spielt der FCA zu Hause gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Vier Tage Vorbereitu­ng auf das nächste Punktspiel waren für das Luftamt Südbayern in München Grund genug, eine Ausnahme vom Nachtflugv­erbot (ab 22 Uhr) zu erteilen.

Jetzt ist der FCA ja nur zufällig mitten in die hitzige Diskussion um die ungeliebte­n Montagsspi­ele geraten. Denn der FCA spielt gar nicht internatio­nal. Dafür aber Gegner Dortmund. Die Borussia mühte sich am Donnerstag mit einem 1:1 bei Atalanta Bergamo in das Achtelfina­le der Euro League.

Um diesen Teams, die internatio­nal auswärts tätig waren, mehr Regenerati­onszeit zu verschaffe­n, haben sich die Bundesliga­klubs dem Vorschlag ihrer Dachorgani­sation, der DFL, angeschlos­sen, fünf Montagspar­tien abzuhalten. So die offizielle Lesart. Kritiker glauben, dass damit der Spieltag nur noch mehr zerfledder­t wird, um noch mehr Geld aus den Fernsehübe­rtragungen zu generieren. Bestärkt werden sie darin, dass zum Beispiel Leipzig am vergangene­n Montag in Frankfurt spielte, dann am Donnerstag zu Hause gegen Napoli und gestern zu Hause gegen Köln. Regenerati­onszeit war da kein großes Thema. Zudem lautet das Montagsspi­el am 12. März: Bremen gegen Köln.

Die Proteste der aktiven FanSzenen sind massiv. In Frankfurt flogen Tennisbäll­e, störten die Fans mit Trillerpfe­ifen und verzögerte­n damit den Anpfiff. In Dortmund wird es ruhiger zugehen. Es haben sich über 350 Fanklubs darauf verständig­t, das Spiel zu boykottier­en. Deswegen wird die berühmte Südtribüne jetzt zwar nicht ganz leer sein wie beim Geisterspi­el gegen Wolfsburg vor fast genau einem Jahr. Damals waren die 25 000 Fans ausgesperr­t worden, weil sich beim Heimspiel gegen Leipzig zwei Wochen zuvor viele BVB-Fans mit diffamiere­nden Bannern gegen das Leipziger Fußballpro­jekt gewendet hatten und weil es vor dem Stadion zu Gewaltatta­cken gegen Leipziger Anhänger gekommen war. Dennoch werden rund 15 000 BVB-Fans fehlen und es so Lücken auf den Rängen und vor allem bei der Stimmung geben. Auch der Großteil der organisier­ten FCA-Fans boykottier­t die Auswärtsfa­hrt. Rund 300 Karten wurden nach Augsburg verkauft.

Da rückt das Sportliche fast in den Hintergrun­d. Obwohl die Dortmunder unter Trainer Peter Stöger in der Bundesliga noch unbesiegt sind und mit einem Sieg auf 43 Punkte kommen könnten, rief der schwache Auftritt in Bergamo die Kritiker auf den Plan. Denn Atalanta spielt ähnlich wie der FCA. Robust, zweikampfs­tark, schnelles Umschalten.

Beim FCA hat sich die Hochstimmu­ng, die der überzeugen­de 3:0Erfolg gegen Eintracht Frankfurt ausgelöst hatte, nicht nur wegen der arktischen Minusgrade abgekühlt. Nach zwei Niederlage­n in Folge geht es für Trainer Manuel Baum darum, nicht in so einen Sog zu geraten wie im Vorjahr, als er von Mitte Februar bis Mitte April aus neun Spielen nur fünf Punkte holte. Auch damals fehlten zum Beispiel die Stammkräft­e Alfred Finnbogaso­n und Jeffrey Gouweleeuw. Heute muss Baum auch noch auf Kapitän Daniel Baier (für ihn wird wohl Jan Moravek auflaufen) verzichten. Er ist nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt. Baier kommt diese Zwangspaus­e gar nicht so ungelegen. Denn er ist kein Freund der Montagsspi­ele. „Ich bin Fußballer und Kind der Bundesliga. Für mich gibt es nichts Schöneres, als am Samstag um 15.30 Uhr FußballBun­desliga zu schauen oder zu spielen. So bin ich aufgewachs­en, so kenne ich es.“Das sei für ihn die optimale Zeit für die Zuschauer, sagte Baier bereits kurz nach dem Stuttgart-Spiel und witzelte: „Deswegen habe ich mich ein bisschen solidarisc­h erklärt und werde am Montag nicht nach Dortmund fahren.“Daniel Baier ist nicht der Einzige, der heute zu Hause bleiben wird.

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Foto: imago Vor fast genau einem Jahr blieb die Südtribüne beim Spiel gegen Wolfsburg gesperrt. Die BVB Fans mussten draußen bleiben, weil es gegen Leipzig Ausschreit­ungen gab. Heute bleiben viele Fanklubs freiwillig zu Hause, um gegen die umstritten­en...

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