Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein aberwitziges, öffentliches Scheitern
Diskussion Badengehen mit Brecht: Wie ein prominent besetztes Podium völlig aus dem Ruder lief
Das Publikum ruft einen Diskutanten zur Ordnung, die Diskutanten kanzeln einander ab, der Moderator scheitert mit jedem Vermittlungsversuch, das eigentliche Thema bleibt völlig unerschlossen… So ist am Sonntagnachmittag in der halb gefüllten Brechtbühne das, was Festivalleiter Patrick Wengenroth einleitend als den Versuch von „etwas Neuem“im Programm ankündigte, fulminant gescheitert.
Neues? Angesetzt war als „ABC der Solidarität“eine Podiumsdiskussion mit prominenten Autoren, wie es sie immer wieder gibt, wie es exakt in diesem Titelformat bereits Ostermaiers Brechtfestival geprägt hat. Bloß: Worüber sollte vom dialektisch wuchtigen Kunsttheoretiker Bazon Brock, der über die neue Rechte witzelnden Bloggerin Stefanie Sargnagel und der Autorin Kathrin Röggla, die einen irgendwie zugrunde gelegten Brechttext über „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“interpretierte, diskutiert werden? Gemäß des die Bühne illustrierende Festivalmottos über Ich und Wir? Gesellschaft und Kunst, Wirklichkeit und Wahrheit?
Die Wirklichkeit der 90 Minuten: Trotz eines mit Knut Cordsen versierten Radiomannes als Moderator wurde aus tausend Worten kein Gespräch. Dafür die Atmosphäre giftig. Brock dozierend, Röggla zerfleddernd, Sargnagel salbadernd. Und das Publikum entsetzt, bestenfalls noch belustigt. Wolfgang Schütz