Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Niemand will nur Zaungast sein

- VON MIRIAM ZISSLER ziss@augsburger allgemeine.de

des Weiteren arbeiten viele bei Personaldi­enstleiste­rn sowie im Hotelund Gaststätte­nbereich, erläutert die Agentur für Arbeit in Augsburg.

Für Meaza ist es wichtig, zur Arbeit oder in die Berufsschu­le gehen zu können. „Wenn du nicht arbeitest, dann kannst du dich auch nicht integriere­n“, sagt sie. Die schlimmste Zeit in Deutschlan­d war für sie, als sie in der Unterkunft wohnte und nur einen Kurs besuchte. „Ich bin zum Unterricht, dann zum Supermarkt und dann nach Hause. Ich kannte niemanden und hatte keine anderen Möglichkei­ten“, erinnert sie sich. Meaza teilt sich seit November mit vier weiteren Geflüchtet­en eine Wohnung im Souterrain eines Hauses in der Ulmer Straße. Bei der Frau aus dem Nordosten Afrikas hat in den vergangene­n Monaten vieles geklappt.

Im Allgemeine­n Ausschuss des Augsburger Stadtrates wurde im Oktober ein Angebot diskutiert, das sich an junge Menschen richten soll- te, die von diesen Maßnahmen nicht erreicht werden. „Die Zielgruppe sind junge Menschen, neben Geflüchtet­en auch andere Jugendlich­e. Es soll verhindert werden, dass junge Menschen ohne Aussicht auf Zugang zum Arbeitsmar­kt sich in eine Situation der Perspektiv­losigkeit gedrängt sehen, die zu Frust und in Einzelfäll­en zu Radikalisi­erung und Konflikten im öffentlich­en Raum führen kann“, erklärt Dirk Wurm. Als Beispiel wurden vor einigen Monaten Helfertäti­gkeiten bei der Pflege von Grünanlage­n, Schulen oder Sportanlag­en genannt. Doch bislang ist es zu keinem Einsatz in diesem Bereich gekommen.

Für Geflüchtet­e besteht zwar die Möglichkei­t, gemeinnütz­ige Beschäftig­ungen in und außerhalb der Unterkünft­e anzunehmen. Wurm: „In der Praxis nimmt die Bedeutung dieser Maßnahmen aber eher ab, weil einerseits die Zahl der potenziell­en Teilnehmer mit der zunehmende­n Zahl an Anerkennun­gen zurückgeht, und anderersei­ts Geflüchtet­e aus sicheren Herkunftsl­ändern nicht an den Maßnahmen teilnehmen dürfen.“Wurm verweist auf weitere Bemühungen der Stadt. So wird von der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter Augsburg-Stadt und dem Amt für Kinder, Jugend und Familie ein Konzept für Jugendlich­e ausgearbei­tet, die keinen Zugang zu Maßnahmen des Jobcenters haben. Im Mai soll es im Jugendhilf­eausschuss vorgestell­t werden.

Meaza wird in den kommenden Monaten noch einiges dazulernen: Organisati­on, Buchhaltun­g, Wareneinka­uf und Lagerhaltu­ng stehen auf dem Programm. Ihre Duldung läuft bis 2019, ihre Zukunft sieht sie in Augsburg. „Ich würde gerne danach noch eine Ausbildung zur Köchin machen.“»Kommentar

Das Beispiel von Meaza ist vorbildlic­h. Ihre Arbeitgebe­r schwärmen, sie sei fleißig, habe gute Noten in der Berufsschu­le und nehme neben Unterricht und Arbeitszei­t noch stundenlan­g Nachhilfe, damit mit der Ausbildung auch wirklich alles klappt. Es gibt viele positive Beispiele, die zeigen, dass sich geflüchtet­e Menschen in den Augsburger Arbeitsmar­kt integriere­n können. Doch natürlich gibt es auch Fälle, bei denen es nicht so gut klappt.

Wichtig ist, dass die Stadt ein Konzept erarbeitet, wie auch Jugendlich­e einer Arbeit nachgehen oder eine Aufgabe ergreifen können, die keinen Zugang zu Maßnahmen des Jobcenters haben. So haben auch sie eine Chance, sich besser zu integriere­n. Wer nicht viel mehr machen kann, als in seiner Einrichtun­g zu sitzen und wenige Stunden in der Woche einen Kurs zu besuchen, muss über kurz oder lang gelangweil­t und gefrustet sein.

Sozialarbe­iter berichten davon, dass gerade junge Männer, die keine Aufgabe haben, oft durch depressive­s aber auch aggressive­s Verhalten auffallen. Das „Abhängen“und Herumlunge­rn in der Innenstadt, wie beispielsw­eise am Königsplat­z, wurde im vergangene­n Jahr nicht nur von der Polizei und der Politik mit Sorge verfolgt.

Das von der Stadt angedachte Konzept ist ein guter Schritt, um den Jugendlich­en die Möglichkei­t zu geben, ein Teil der Gesellscha­ft zu werden und nicht nur ein Zaungast zu bleiben.

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Foto: Peter Fastl Meaza, 35, kommt aus Eritrea und arbeitet seit einiger Zeit in der Küche des Lokals Dreizehn in der Kresslesmü­hle mit. Ihr Deutsch ist fließend. Erst seit sie arbeitet, sagt sie, sei sie richtig in Augsburg angekommen.
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