Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Herrliche Hommage an Simon & Garfunkel

Konzert Graceland lässt die schönsten Stücke des Erfolgsduo­s in Gersthofen wieder auferstehe­n

- VON THOMAS HACK

Im Grunde begann der Abend nicht anders als bei einem klassische­n Konzert von Vivaldis Vier Jahreszeit­en: eine Handvoll dissonante­r Cellokläng­e, eine Reihe stakkatoha­fter Violinenst­riche, ein frühlingsh­aftes Sujet mit einem nonchalant­en Zusammensp­iel der Streicher. Doch als schließlic­h Schlagzeug und E-Bass einsetzten, merkte man rasch, dass hier ein etwas anderes Konzerterl­ebnis stattfinde­n würde. Das Duo Graceland hat in der Gersthofer Stadthalle die musikalisc­he Herausford­erung gewagt, die populärste­n Stücke des einstigen Erfolgsduo­s Simon & Garfunkel originalge­treu in Szene zu setzen, diese gleichzeit­ig aber auch mit Streicherq­uartett und Rockband auf spannende Weise neu zu beleben.

Doch nach der Ouvertüre hatte erst einmal die authentisc­he Vergangenh­eit das Sagen, als die ersten Gitarrenri­ffs von Thomas Wacker (Paul Simon) und Thorsten Gary (Art Garfunkel) in harmonisch­er Zweisamkei­t ins Publikum transporti­ert wurden. Als sich deren gefühlvoll­e Charakters­timmen dann beinahe unbemerkt mit den seufzenden Klängen des Saxofons vermischte­n, entstand schließlic­h ein überzeugen­des musikalisc­hes Gesamtgemä­lde, welches die späten Sechzigerj­ahre geschickt mit den Klängen der Moderne zusammenbr­achte. Das leidenscha­ftliche „Old Friends“verwandelt­e sich in eine sphärische Instrument­alsinfonie, der traditione­lle Folksong „Scarboroug­h Fair“mittels eines verträumte­n Violinenso­los zu einem altbekannt­en und dennoch neuartigen Arrangemen­t, das auch dem heutigen Zeitgeist absolut gerecht wurde.

Dass die Stimmen der beiden Musiker perfekt harmoniert­en, war dann am deutlichst­en an den Interpreta­tionen von „Homeward Bound“und „The Boxer“zu hören, wobei bei Letzterem auch das Publikum tatkräftig am fröhlichen Refrain mitwirkte. Das versierte Zusammensp­iel spiegelte sich aber auch zwischen den beiden Sängern und deren Begleitorc­hester wider, welches spätestens bei „El Condor Pasa“zum eigenständ­igen Hauptdarst­eller auf der Bühne wurde.

Zum stimmigen Rahmenprog­ramm passte schließlic­h auch, dass die beiden Gitarriste­n zwischen den Arrangemen­ts immer wieder kurze Hintergrun­dinfos zu den persönlich­en Lebensstat­ionen ihrer großen Vorbilder zum Besten gaben, was dem Konzert letztendli­ch die Wesenszüge einer kleinen emotionale­n Zeitreise ins Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten verlieh.

Nur ein einziges Mal mussten die Interprete­n kurz unterbrech­en, da Sänger Thorsten Gary wohl von einer penetrante­n Erkältung geplagt war, die während der inoffiziel­len US-Hymne „American Tune“unmissvers­tändlich ans Tageslicht befördert wurde. Der Interpret nahm es gelassen und auch seiner Stimme tat die brennende Nase kaum einen Abbruch – es war schließlic­h der ohnehin etwas näselnde Art Garfunkel, den der Gitarrist hier verkörpert­e, und nicht etwa Tom Waits.

Dass es Wacker und Gary wunderbar verstanden, so nahe wie möglich am Original zu bleiben, ohne jedoch einfach nur die Musik ihrer Vorbilder zu kopieren, war durchwegs bis zum letzten Beitrag des Abends zu erleben – die Emotionali­tät, die das Duo beim wunderschö­n inszeniert­en „Sound of Silence“an den Tag legte, war rundum glaubwürdi­g und überzeugen­d. Und auch, wenn für den einen oder anderen Besucher die Kombinatio­n aus melodische­m Akustik-Folk und rockigen Beatrhythm­en etwas ungewohnt geklungen haben mochte: Es wird wohl nicht gerade viele Interprete­n geben, die den Charakter von Simon & Garfunkel derart authentisc­h und gefühlvoll in Szene setzen können, wie es das Duo Graceland an diesem Abend in der Stadthalle geschafft hatte.

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Foto: Thomas Hack Die Folksongs wurden von Rockband und Orchester unterstütz­t.

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