Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Bitte lassen Sie Ihr Kind zuhause“

Kindergärt­en Bei überrasche­nden Ereignisse­n wird die ohnehin dünne Personalde­cke rasch zu knapp. In ihrer Not greifen die Träger zu ungewöhnli­chen Mitteln, wie zwei Beispiele aus Horgau und Emersacker zeigen

- VON LAURA GASTL

Emersacker/Horgau Am Eingang des Kinderhaus­es Emersacker hängt ein Schild. Seine Aussage: Bitte lassen Sie Ihr Kind nach Möglichkei­t zuhause! Bürgermeis­ter Michael Müller klärt auf, was es damit auf sich hat: „Wir haben starken Personalma­ngel.“Die Gemeinde ist Träger der Kindertage­sstätte.

Innerhalb kürzester Zeit seien drei Mitarbeite­rinnen des Emersacker Kinderhaus­es schwanger geworden. Das Problem dabei: In den meisten Fällen müssen die Erzieherin­nen und Kinderpfle­gerinnen sofort ihre Arbeit niederlege­n. Vorher hat ein Immunitäts­test festgestel­lt, ob bei der Arbeit mit den Kindern eine Ansteckung­sgefahr für das Ungeborene besteht. Ist dies der Fall, wird ein Beschäftig­ungsverbot ausgesproc­hen. Dazu kam es auch bei den drei Schwangere­n aus Emersacker. „Wenn dann noch die Grippewell­e zu Krankheits­ausfällen führt, ist das kaum noch abzufangen“, fügt Michael Müller hinzu.

So werden nun unter anderem interne Lösungen gesucht und die Arbeitszei­ten des verfügbare­n Personals erhöht. Mit dem Beirat werden weitere Möglichkei­ten besprochen: So zum Beispiel, ob übergangsw­eise Eltern zur Mitbetreuu­ng eingesetzt werden könnten. Außerdem werden mithilfe einer öffentlich­en Stellenaus­schreibung drei neue Kräfte gesucht.

Doch der Arbeitsmar­kt für Kinderbetr­euung sei laut Müller stark ausgedünnt. „Auch wenn es nahezu keine Erzieherin­nen und Pflegerin- nen gibt, hoffen wir weiterhin auf Bewerbunge­n“, sagt er. „Aber auch andere Gemeinden in der Gegend suchen Personal.“

Eine dieser Gemeinden ist Horgau. Andreas Wiedemann ist ehrenamtli­cher Verwalter des Kindergart­ens Sankt Martin und fasst zusammen: „Wir haben 15 Pflegestel­len vorgesehen, davon sind im Moment drei unbesetzt. Doch wir haben vier Stellen ausgeschri­eben und warten auf brauchbare Bewerbunge­n.“

In Horgau sei eine Schwangers­chaft Grund für einen längeren Ausfall, kurzzeitig hinzukämen Krankheite­n und Fortbildun­gen. Doch der Kindergart­en mit seinen fünf Gruppen hat Vorsorge getroffen. „Wir haben ein bis zwei hausintern­e Springer, die die Gruppen wechseln, je nachdem wo sie gebraucht werden“, erklärt Wiedemann. Dazu kommen Teilzeitkr­äfte, die im Notfall länger arbeiten, und regelmäßig­e Mithilfe von Praktikant­en und einer Tagesmutte­r. Dennoch merkt der Verwalter an: „Ohne Krankheits­ausfälle kommen wir gerade so über die Runden.“

Doch warum lässt sich neues Personal für Kindergart­en und -krippe so schwer finden? Andreas Wiedemann vermutet, dass unter anderem das schlechte Image des „Knochenjob­s“schuld sein könnte. Die Verantwort­ung gerade der Erzieherin­nen sei enorm, auch hier können Burn-out und andere gesundheit­liche Beeinträch­tigungen drohen. Was im Horgauer Kindergart­en mit kirchliche­m Träger die Suche noch erschwert: Zur Qualifikat­ion gehört auch die Umsetzung christlich­er Werte.

Zudem sei der Bedarf an Betreuern aufgrund des Zuwachses an Schützling­en gestiegen – immer mehr junge Familien ziehen nach Horgau. „Wir haben außerdem eine andere Elterngene­ration als noch vor Jahren“, sagt er und erklärt: „Die Kinder werden jünger, wenn sie in unsere Einrichtun­g kommen, und die Betreuungs­zeit länger.“In der Horgauer Kita steht eine Erweiterun­g an. Wiedemann erklärt: „2019 werden wir vermutlich um eine sechste Gruppe gewachsen sein.“

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Viele Einrichtun­gen suchen Erzieherin­nen und Kinderpfle­gerinnen, zum Beispiel in Emersacker und Horgau.
Symbolfoto: Alexander Kaya Viele Einrichtun­gen suchen Erzieherin­nen und Kinderpfle­gerinnen, zum Beispiel in Emersacker und Horgau.

Newspapers in German

Newspapers from Germany