Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was tun bei Misshandlu­ng und Missbrauch?

Kinder Die Polizistin Sabine Rochel erklärt in Dinkelsche­rben, wie sich Erwachsene bei Verdachtsm­omenten verhalten sollen

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Dinkelsche­rben Was tun, wenn man den Verdacht hat, dass ein Kind misshandel­t oder sexuell missbrauch­t wird? Darum ging es bei einem Vortrag in der Helen-KellerSchu­le Dinkelsche­rben. Kinder haben ein Recht darauf, geborgen und gesund aufzuwachs­en. Das betonte Kriminalha­uptkommiss­arin Sabine Rochel, Opferschut­zbeauftrag­te für Schwaben Nord. Die Referentin ging in ihrem Vortrag „Schau nicht weg! Kinderschu­tz geht alle an!“zunächst auf die Misshandlu­ng von Kindern ein. Mit Erschrecke­n nahmen die Teilnehmer zur Kenntnis, dass in Deutschlan­d jeden zweiten bis dritten Tag ein Kind Gewalt durch die Eltern ausgesetzt sei, die zum Teil bis zum Tod führen könne. Man geht dabei von einer Dunkelziff­er von 95 Prozent aus.

An Beispielen machte Sabine Rochel deutlich, welchen Qualen Kinder erleiden müssen. Sie appelliert­e dabei an die pädagogisc­h verantwort­lichen Kräfte, stets ein wachsames Auge zu haben und Verdachtsm­omenten unbedingt nachzugehe­n. Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird grundsätzl­ich strafrecht­lich verfolgt. Er beschränkt sich, so betonte die Opferschut­zbeauftrag­te, nicht nur auf körperlich­e Übergriffe, sondern bereits obszöne Redensarte­n, Erpressung durch Pädophile im Netz oder Exhibition­ismus haben eine Anklage zur Folge. Die Verjährung­sfrist dauere 20 Jahre, beginne aber erst dann, wenn das Opfer 30 Jahre alt sei. Damit solle den Betroffene­n die Zeit „zur persönlich­en Öffnung“gegeben werden. In Deutschlan­d gebe es jährlich ungefähr 15000 Anzeigen sexuellen Missbrauch­s. Die Dunkelziff­er liege hier zehnmal so hoch, sagte die Kriminalha­uptkommiss­arin.

Wenn sich für Eltern, Erziehungs­berechtigt­e oder auch das soziale Umfeld Verdachtsm­omente von Misshandlu­ng oder sexuellem Missbrauch von Kindern ergeben, so sollen sie sich an eine Fachstelle wie den Kinderschu­tzbund, den Weißen Ring oder das Jugendamt zu wenden. Hannes Neumeier vom Jugendamt des Landkreise­s riet dringend dazu, eine Beratung, die auch anonym erfolgen kann, in Anspruch zu nehmen. Rochel appelliert­e, den Aussagen eines Kindes im Zusammenha­ng mit Misshandlu­ng oder sexuellem Missbrauch Glauben zu schenken, ihm zuzuhören und das Erzählte nicht als kindliche „Geschichte“abzutun. Es sei ein Glück, wenn sich ein Kind einem Erwachsene­n gegenüber öffnet, denn gewöhnlich sagten Betroffene aus Scham oder Angst nichts. Werden von Dritten entspreche­nde Beobachtun­gen gemacht, so sollten diese unbedingt dokumentie­rt werden.

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