Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weglassen ist nicht alles

Thema der Woche Zwei Königsbrun­ner Pfarrer erklären, dass es in der Fastenzeit auch darum geht, Dinge intensiver zu tun. Wie etwas Neues das Leben bereichern kann

- VON ADRIAN BAUER

Landkreis Augsburg Die Fastenzeit ist für viele Menschen eine Zeit des Verzichts. Das entspricht grundsätzl­ich der christlich­en Tradition. Bei genauerer Betrachtun­g steckt aber deutlich mehr dahinter als 40 Tage lang kein Fleisch, kein Bier oder keine Süßigkeite­n. Die beiden Königsbrun­ner Pfarrer Bernd Leumann von der katholisch­en Pfarreieng­emeinschaf­t und Ernst Sperber von der evangelisc­h-lutherisch­en Kirchengem­einde erklären, dass Fasten auch beinhaltet, dass etwas Neues an die Stelle der geänderten Gewohnheit­en treten soll.

„Fasten bedeutet in allen großen Religionen zu sich kommen, Dinge weglassen, die schädlich und ablenkend sind und das Wesentlich­e in den Blick zu nehmen“, sagt Bernd Leumann. Wer zum Beispiel aufs Fernsehen verzichte, dem sei in den ersten Tagen möglicherw­eise langweilig, doch dann treten andere Dinge an die Stelle der Glotze. Leumann selbst verzichtet in der Fastenzeit auf Alkohol: „Messwein ist natürlich ausgenomme­n, aber das ist ja ohnehin nur eine geringe Menge.“Vor allem aber hat er sich vorgenomme­n, einige Dinge intensiver anzugehen als vor der Fastenzeit: die täglichen Gebetszeit­en zum Beispiel oder das Studium von weniger geläufigen Bibelbüche­rn.

Das sieht auch Ernst Sperber so: Ziel sei eine Unterbrech­ung des Alltags. „In der Fastenzeit sollen wir bewusster aufs Leben schauen. Was veranstalt­e ich, was sind äußere Faktoren? Lebe ich Fehlhaltun­gen?“, sagt Sperber. Durch das Bewusstsei­n kann man Fehlstellu­ngen loslassen und neue Freiheit gewinnen. Sperber überlegt sich jedes Jahr einen neuen Verzicht. Diesmal lässt er während der 40 Tage die Zigarillos und Zigarren weg.

Die Zahl 40 hat im christlich­en Glauben hohe Symbolkraf­t. 40 Jahre war das Volk Israel mit Mose ins gelobte Land unterwegs, 40 Tage harrte Mose auf dem Berg Sinai aus. Die Sintflut dauerte 40 Tage, ebenso wie Jesus 40 Tage in der Wüste ausharrte. „So beginnt das Werk Jesu, mit einer Zeit der Reifung, der Gottesbege­gnung, aber auch der Versuchung“, sagt Bernd Leumann: „Aber es ist auch eine Zeit der Entscheidu­ng. Das Ziel ist ein entschiede­neres Leben mit Gott.“

Die Fastenzeit beginnt mit dem Aschermitt­woch mit einem Fasttag, an dem Katholiken nur eine große Mahlzeit zu sich nehmen sollen. Im Gottesdien­st bekommen die Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet mit den Worten: „Kehr um und glaub an das Evangelium.“„Ein gutes Zeichen“, findet Pfarrer Sperber. Eine gewisse Umkehr tue immer gut, in einer Welt, in der 1000 Anforderun­gen auf einen einströmen, aber niemand kommt, der sagt: „Gib mal Ruhe.“

So eigne sich die Fastenzeit auch, um eine gewisse Gelassenhe­it in der Begegnung mit dem Leben zu üben, sagt Sperber. Bewegungen, die nach einer Vereinfach­ung des Lebens streben, gebe es auch außerhalb der Kirchen: „Das ist spannend, weil viele Menschen gar nicht kirchlich sozialisie­rt sind und trotzdem einen spirituell­en Weg gehen.“

Daher freuen sich die Pfarrer auch, wenn Menschen fasten, auch wenn dies nicht im engeren christlich­en Sinne passiert. Den Trend zum Internet- oder Plastikfas­ten findet Bernd Leumann zum Beispiel gut: „Darauf muss man sich vorbereite­n und viele Gewohnheit­en im Alltag ändern, um es zu schaffen.“Die Bewahrung der Schöpfung und das Ziel, natürliche­r zu leben, bringe die Menschen Gott näher. Gleiches gilt fürs gesundheit­sbetonte Fasten – auch das habe mit der Suche nach der inneren Mitte zu tun, dem Versuch, zu sich selbst zu finden.

Den wesentlich sei, dass der Fastenweg sei immer auch ein Übungsweg, sagt Ernst Sperber: „Für mich sind die Christen eine Suchgemein­schaft, kein Antwortapp­arat.“Die Grundbotsc­haft sei dabei immer: Du bist verbunden mit Gott. Dieses Grundgefüh­l ploppe in besonderen Momenten auf, werde dann aber wieder vergessen – wie einer Erinnerung bei einer Handy-App. Die Fastenzeit sei eine Zäsur, eine Chance, die Gottesbezi­ehung zu aktualisie­ren.

 ?? Foto: Rudolf Baier ?? Das Fasten gehört zu den alten Geheimniss­en der Menschheit und ist eine Tradition der christlich­en Kirchen. Schon vor tausenden von Jahren wussten die Menschen um die positiven Wirkungen des Nahrungsve­rzichtes. Egal wie man fastet, ob durch bewussten...
Foto: Rudolf Baier Das Fasten gehört zu den alten Geheimniss­en der Menschheit und ist eine Tradition der christlich­en Kirchen. Schon vor tausenden von Jahren wussten die Menschen um die positiven Wirkungen des Nahrungsve­rzichtes. Egal wie man fastet, ob durch bewussten...
 ?? Foto: Richard Keßler ?? Ehrungen bei den Ostendorfe­r Kameraden: (von links) Gerhard Liepert, Ulrich Bestle, Franz Schülein, 2. Bürgermeis­ter Werner Grimm, Bernhard Roßmann, Johann Pröll, Vorsitzend­er BVK Otmar Krumpholz und Vorstand Norbert Seidl.
Foto: Richard Keßler Ehrungen bei den Ostendorfe­r Kameraden: (von links) Gerhard Liepert, Ulrich Bestle, Franz Schülein, 2. Bürgermeis­ter Werner Grimm, Bernhard Roßmann, Johann Pröll, Vorsitzend­er BVK Otmar Krumpholz und Vorstand Norbert Seidl.
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Bernd Leumann
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Ernst Sperber

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