Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Wünsche junger Landwirte
Ausbildung 15 Männer und eine Frau machen in Wertingen zurzeit ihre Meisterprüfung. Viele aktuelle Themen beschäftigen sie
Landkreis Dillingen Unternehmensführung und Rechtslehre stehen auf dem Stundenplan. Doch an den Tischen sitzen keine angehenden Juristen, sondern künftige Landwirtschaftsmeister. Zum Unterricht an der Wertinger Landwirtschaftschule gehören Rhetorik, tierische und pflanzliche Produkte und am Montag Volkswirtschaft und Agrarpolitik. Dabei beschäftigen sie sich auch mit den Berichten vom Wochenende über die Landwirtschaft. Für die jungen Leute ist das oft nicht leicht. Deswegen wollten sie zu verschiedenen Themen Stellung nehmen.
● Warum Landwirt? Alle Studenten dieses Jahrgangs stammen selbst aus einem bäuerlichen Betrieb, die meisten sind Anfang 20. Franz Xaver Becke aus Ehingen wollte immer schon Landwirt werden. Er arbeitet für einen großen Hof und kümmert sich im Nebenerwerb um das Milchvieh daheim. Viele, etwa Martin Sienz aus Kleinerdlingen im Kreis Donau-Ries, werden den elterlichen Betrieb übernehmen. Den Meister braucht auch, wer auf dem Hof Lehrlinge ausbilden will, wie Florian Mayer aus Otting. Laut Stefan Martin aus Rain werde man als Meister bei Förderprogrammen besser eingestuft.
● Die öffentliche Wahrnehmung „Landwirte sind oft Kritik ausgesetzt“, sagt Andreas Rager aus Laugna. Dominikus Schweihofer aus Herbertshofen bei Meitingen meint, die Bevölkerung sei weit weg von der Landwirtschaft. Simon Wiedemann aus Lauterbrunn empfiehlt, das Thema in der Schule besser zu behandeln, und Michael Keiß aus Amerdingen ergänzt: „Wir arbeiten nach Standards, umweltverträglich und nachhaltig. Die meisten Kollegen machen gute Arbeit. Dafür fehlt die Wertschätzung.“
● Glyphosat Laut Andreas Rager aus Laugna fängt es schon mit den Begriffen an. „Das ist kein Dünger, das ist ein Pflanzenschutzmittel.“Und das koste Zeit und Geld, sagt Martin Sienz aus Kleinerdlingen. „Keiner fährt so etwas sinnlos aus, man macht nur das Nötigste.“
● Vermaisung Jonas Kornmann aus Harburg erklärt, dass der Mais einfach mehr auffalle, weil er im Herbst noch steht, wenn das Getreide schon geerntet ist. Denn der Maisanbau selbst sei stabil. Martin Abt aus Laugna will eine potenzielle Alternative testen: Silphium perfoliatum, eine Blühpflanze (gut für Bienen und fürs Auge), die jedes Jahr selbst nachwächst (spart Saatgut), dient dem Erosionsschutz, wird nur einmal pro Jahr geerntet, soll ähnliche Erträge bringen wie der Mais und werde nur organisch gedüngt. ● Biogasanlagen Als Familie Abt in Laugna ihre Biogasanlage baute, war das innovativ. „Die Leute interessierten sich dafür und waren begeistert“, erinnert sich Martin Abt. Doch dann wurden immer mehr Anlagen gebaut. Strom rein aus Gülle, das wäre nachhaltig, ergänzt Andreas Rager aus Laugna.
● Dorfleben Alle finden, es sei nicht erwünscht, dass ein Hof im Dorf ausgebaut wird – obwohl die Menschen im Zentrum vermutlich gar kein Problem damit hätten. Alle Landwirte am Tisch sind in Vereinen aktiv. Wenn werktags in der Früh die Feuerwehrsirene heule, sei der Mannschaftswagen voller Landwirte. Und werde irgendeine Maschine, etwa für den Maibaum, gebraucht, sei das kein Thema. Ohne die Landwirtschaft sei die ländliche Entwicklung gar nicht möglich, sagt Abteilungsleiter Ottmar Hurler.
● Der eigene Betrieb „Wachstum ist nötig, meine ich. Stehen bleiben als Vollerwerbshof geht nicht“, findet Benjamin Herrle aus Wallerstein. Die Anforderungen an Haltung und Technik ändern sich laut Michael Keiß aus Amerdingen ständig, gerade im Bereich Tierwohl habe sich viel verändert. Dabei sagt der junge Landwirt aber auch: „Nutztierhaltung ist immer ein Kompromiss.“● Die EU Als positive Beispiele nennt Thomas Abt aus Wertingen den Erosionsschutz oder den Zwischenfruchtanbau, als negativ wird der Bürokratismus bewertet.
● Trends Thomas Abt versucht in der Schweinemast im Futter Soja zum Teil durch Aminosäure zu ersetzen. Das hätte weniger Schadgase zur Folge. „Unsere Ausbildung hat sich verändert, wir wissen viel mehr und man sieht auf den ersten Blick, wenn im Stall was nicht stimmt“, meint Martin Abt aus Laugna.
● Probleme Das Motto „wachsen oder weichen“müsse aufhören, appelliert Andreas Rager aus Laugna. „Das kann kein Landwirt mehr stemmen.“