Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was die Peterhofstraße für Heretsried bedeutet
Bürgerversammlung Warum sich der Bürgermeister über Straßenausbaugegner ärgert. Lauterbrunner setzen sich für Musikschule ein und haben einen Antrag dabei. Wie sich Heretsried insgesamt entwickelt hat
Heretsried Lauterbrunn Dass ein nur drei Kilometer langes Straßenausbauprojekt vor der Haustür der Holzwinkelgemeinde zur Sprache kommen würde, war allgemein erwartet worden. Tatsächlich knöpfte sich Bürgermeister Heinrich Jäckle bei der gut besuchten Bürgerversammlung in Lauterbrunn Kritiker vor, die „von vielem nichts wissen, Stimmung dagegen machen und Missverständnisse in die Welt“setzten. Die Rede war vom rund fünf Millionen teuren Ausbauvorhaben zwischen Heretsried und Holzhausen. Dort soll, wie berichtet, ein Abschnitt der Staatsstraße 2036 neu erstellt werden. Der Eingriff in das von dunkelgrünen Wäldern umsäumte Gelände rief vor allem auswärtige Kritiker auf den Plan.
Im vollen Pfarrsaal, in dem zeitweise eher gemütliche Familienatmosphäre herrschte, bemühte sich der erste Mann der Gemeinde bei dieser Frage um den Zusammenhalt des Holzwinkeldorfes: „Wir brauchen diese Straße. Jetzt haben wir die einmalige Chance, diese richtige und wichtige Infrastrukturmaßnahme anzugehen“, betonte ein kämpferischer Bürgermeister. Seit Wochen gehen Gegner aus der Region, aber auch Kommentatoren aus den dichter besiedelten wie bebauten Gegenden im Lechtal sogar auf die Straße. Letzteren galt wohl auch der Vorwurf des Bürgermeisters, wonach „sogar Gemeinderäte sich dazu mit Vorwürfen äußern, obwohl sie die genauen Pläne dafür gar nicht kennen“. Was ihn dabei störte und vor mehr als 80 Besuchern sichtlich verärgerte: „Dagegen sind vor allem jene, die jahrelang drauflos gebaut und versiegelt haben und uns heute diese Strecke nicht gönnen.“
Dabei weiß der Rathauschef neben zahlreichen Bewohnern die Bürgervertretung hinter sich. Er weiß sich unterstützt von seinem Zweiten Bürgermeister Karl-Heinz Tomaschewski und sprach sich für das Ende einer vorsintflutlichen Straße hin zu einer modernen, verkehrssicheren Strecke aus: „Da reicht die von Außenstehenden ins Spiel gebrachte Sanierung nur mit einer neuen Straßendecke bei Wei-
nicht.“Auch von dem „bösen Wort einer Megatrasse“wollte Jäckle nichts mehr hören.
Dass die Heretsrieder ihrem Bürgermeister und den Räten dabei auf diesem Weg folgen wollen, konnte wohl an den ausbleibenden Wortmeldungen zum Ausbau der Staatsstraße 2036 festgemacht werden. Nicht mitgehen oder mitspielen wollten einige Gäste jedoch bei der Ablehnung von Plänen für eine gemeinsame Musikschule der Holzwinkelgemeinden sowie Altenmünster. Wie berichtet, wollen sich mehrere Kommunen zu einer interkommunalen und dezentralen musischen Bildungseinrichtung verbün-
den, um das kulturelle Angebot auch in dieser Hinsicht aufzuwerten. Allerdings beschlossen Emersacker und Heretsried, ihre Instrumente für das staatlich geförderte Projekt gar nicht erst auszupacken und den gemeindeübergreifenden Orchestergraben vorerst Adelsried, Bonstetten, Welden und Altenmünster zu überlassen.
Im Saal meldeten sich immer mehr zu Wort und unterstrichen die Vorteile einer gemeinsamen musischen Bildung, nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene. „In den Schulen geht dieser Unterricht immer mehr gegen null, dann stehen wir hier nämtem
lich in der Verantwortung, etwas zu tun“, forderte ein Bürger. Eine Frau appellierte daran, dass „wir uns alle kulturell vernetzen müssen und uns gegenseitig mit allen Musikinstrumenten unterstützen sollten“. Ein anderer Redner wies den Einwand aus der Bürgervertretung zurück, wonach die Anschaffung großer Instrumentarien die Gemeindefinanzen überfordern könnte: „Das Klavier habe ich meiner Tochter selbst gekauft, aber es fehlen doch die Lehrer in den Ortschaften dafür, die uns dieses sinnvolle Projekt in Aussicht stellen.“
Ein von Heinrich Jäckle vorgelesener Antrag von Lauterbrunner Bürgern, das Nein der Kommune zu überdenken, brachte den entscheidenden Ton in die lebhafte Debatte. Darin wird unter anderem auf die Bedeutung des Muszierens in einer Gemeinschaft hingewiesen, die jede Anstrengung wert sei. Der „erste Dirigent der Gemeinde“unterstrich, dass „die Tür zur Musikschule noch nicht endgültig“zugeschlagen sei und die Eingabe im Rat zur Sprache kommen werde. Jäckle, der sich von dem großen Echo bei diesem Thema überrascht zeigte, kann ohnehin als würdiger Vertreter dieses kulturellen Zweigs gelten. Seine vier Töchter verfügen über 20 Musikinstrumente.