Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hymnen auf die Heimat
Kultur Die Vivid Curls läuten am Freitagabend in Westendorf die Konzertsaison ein
Westendorf Die paar Quadratmeter Bühne beim Schmidbauer in Westendorf waren gerade noch ausreichend für den Energieschub, den die Vivid Curls von dort aus zwischen die voll besetzten Wirtshaustische schickten. Dass im Allgäu neben vielen Kühen und saftigen Wiesen auch der Folk-Rock zu Hause ist, beweisen Inka Kuchler und Irene Schindele seit 15 Jahren mit lautstarkem Rock und schier geflüsterten Balladen.
Zur Eröffnung der diesjährigen Konzertsaison kamen sie nicht ohne Grund nach Westendorf. Bassist Helmuth Baumann ist der Neffe der Wirtin und wärmte gemeinsam mit seinem Bandpartner Florian Hirle in der Formation Oak Hill Road das Publikum für die Curls auf. Gemeinsam mit Schlagzeuger Markus Wohner waren sie aber bei Weitem nicht nur Musiker im Hintergrund, sondern wichtige Partner für eine beeindruckende musikalische Bandbreite, die bei den erwartungsvollen Zuhörern ausnehmend gut ankam.
In ihrer Hymne an die Heimat singen die Frauen mit den nicht nur im Bandnamen höchst lebendigen Locken von „nackte Fiaß im Gras“und „weil mir danach isch“, liegen sie auch mal um „halber Zehne“in der Früh im Bett und genießen den Takt der Regentropfen auf dem Fenster. Unverbrämt allgäuerisch, rockig in Englisch oder romantisch auf Französisch. Egal, welche Sprache die Vivid Curls für ihre ganz eigenen Lieder heraussuchen, es klingt immer authentisch ehrlich, geradeheraus, wie es im rauen Land vor den Bergen halt so Sitte ist.
Mit ihrem Eine-Welt-Appell für Frieden, Toleranz und Liebe erinnern die Vivid Curls mit Gitarre und Mundharmonika an die 60er- und 70er-Jahre; an die Zeit, in der eine Joan Baez für Frieden sang. Oder eine Janis Joplin mit rauchiger Stimme Gerechtigkeit forderte. Überholt sind weder die Themen noch der Musikstil, den die Allgäuer RockDiven nicht kopieren, sondern auf ihre ganz eigene Weise zu neuem Leben erwecken.
Mit den Liedern auf ihrer CD „Allgäu“haben sie 2008 musikalische Erdung betrieben, schon 2010 bezweifelten sie, ob alles so gut ist, was „In Gottes Nama“passiert, und als „Jäger der Glückseligkeit“waren sie 2014 angetreten. Die „Eine Welt“steht seit 2016 auf ihren Fahnen und treibt sie um. „Kommt’s und schwätzt’s mit uns“, forderten sie deshalb ihre Fans in der Pause zum Miteinanderreden auf.
Traurig sind sie auch nicht, wenn möglichst viele eines der Eine-WeltBiobaumwoll-Shirts mitnehmen, mit denen sie beweisen wollen, dass gute, ehrlich produzierte Sachen nicht nur im Kopf, sondern auch auf der Haut ein gutes Gefühl hinterlassen. Beim Saisonstart in Westendorf haben die Vivid Curls zielsicher neben Hirn und Haut auch den Bauch ihrer treuen und sicher vielen neuen Fans getroffen.
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Info Den Tourplan 2018 kann man unter www.vivid curls.de finden.