Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Start für Wohnbaupro­jekt

Wohnbau In Horgau sollen bezahlbare und barrierefr­eie Wohnungen für Studenten, junge Familien, Senioren und Behinderte entstehen. Jetzt beginnt der erste Bauabschni­tt. Wie man sich für die neuen Wohnungen bewerben kann

- VON MARIA HEINRICH

In Horgau war gestern Spatenstic­h für das Wohnbaupro­jekt „Lebenswies­e“, das Sozialwohn­ungen aufs Dorf bringt. Was dahinterst­eckt:

Horgau Bezahlbare Wohnungen zu finden ist für viele Menschen auf dem Land schwierig. Studenten ergattern günstige Wohnungen meist nur in der Stadt. Junge Familien mit Kindern können es sich oft nicht leisten, ein Haus zu bauen. Und Senioren müssen ihr Zuhause verlassen, weil sie daheim nicht mehr alleine leben können. Diese Probleme geht die Gemeinde Horgau mit einem Wohnprojek­t namens „Lebenswies­e“an. Am Montagvorm­ittag war der Spatenstic­h für den ersten Bauabschni­tt.

Auf einem 1,7 Hektar großen Grundstück an der Greuterstr­aße sollen insgesamt 85 Wohneinhei­ten entstehen. Im ersten Bauabschni­tt errichtet die Baufirma Deurer zunächst 43 öffentlich geförderte Wohnungen. Nur Menschen mit einem Berechtigu­ngsschein dürfen dort einziehen. Unternehme­r Markus Deurer erklärt: „Die Berechtigu­ng richtet sich nach der Höhe des Einkommens. Verdient man aber mehr als 70000 Euro im Jahr, kommt man nicht mehr infrage.“

Wer sich für eine Wohnung inte- ressiert, kann sich ab sofort bei dem Bauunterne­hmen bewerben. „30 Anfragen haben wir schon, die finale Entscheidu­ng treffen wir aber erst, wenn wir diese Woche die Baugenehmi­gung haben“, sagt Deurer. Interessen­ten sollen zuerst einen Beratungst­ermin vereinbare­n. Kann Deurer ihnen eine Wohnung anbieten, leitet das Unternehme­n sie an das Landratsam­t Augsburg weiter. Dort müssen die Interessen­ten ihr Einkommen nachweisen und Angaben zum Familienst­and machen. Ein Beispiel: Eine Dreizimmer­wohnung mit Küche und Bad bekommen nur Eltern, die bereits ein Kind oder einen Kinderwuns­ch haben. Dann bekommen sie den Berechtigu­ngsschein für eine Wohnung in einer bestimmten Größe. Legen die Interessen­ten den Schein bei Markus Deurer vor, erhalten sie schließlic­h den Mietvertra­g. Er betont zudem: Im Fall von Horgau würden sie bei Interessen­ten auf die gleiche Wohnung den Einheimisc­hen den Vorzug geben.

Zu den geförderte­n Wohnungen kommen im zweiten Bauabschni­tt frei finanziert­e Einheiten und betreutes Wohnen hinzu, als Letztes Reihenhäus­er gebaut. Die Sozialstat­ion Zusmarshau­sen wird sich um die Senioren kümmern. Gemeinderä­tin Anja Dordelmann findet das wichtig: „Dann können Ältere, die nicht mehr alleine zurechtkom­men, hier bleiben und müssen nicht weit weg in ein Heim ziehen.“Auch ihr Kollege Josef Steinle betont: „Die Lage ist ideal. Denn es gibt eine Bushaltest­elle und Einkaufsmö­glichkeite­n in der Nähe.“

In der Gemeinde gab es aber auch Bürger, die gegen das Projekt protestier­ten. Gemeinderä­tin Dordelmann fasst die Argumente der Gegner zusammen: „Die Häuser werden zu hoch und versperren die Sicht, der Komplex passt nicht zum Dorfleben, es kommen zu viele Fremde in den Ort.“Die Proteste gipfelten sogar in einen Bürgerents­cheid. Die Horgauer stimmten aber mit knapp 80 Prozent für die Lebenswies­e. Gewerden meinderäti­n Dordelmann sagt: „Das ist ein gutes Beispiel für Demokratie. Es gab eine Abstimmung, das Ergebnis muss man jetzt auch akzeptiere­n.“Das sei in Horgau auch gelungen, die Spannung, die zwischenze­itlich geherrscht habe, habe sich mittlerwei­le wieder gelöst.

Elke Klein ist darüber besonders froh. Sie ist Vorsitzend­e der „Trauminsel“, eines Wohnprojek­ts für Menschen mit Behinderun­gen, die im Alltag besonders viel Hilfe benötigen. Ihre Tochter Rebecca ist Autistin und wird mit sechs anderen erwachsene­n Kindern in die Trauminsel einziehen: „Im Heim wären alle total unterverso­rgt. Hier können sie endlich ein inklusives Leben mitten in der Gesellscha­ft führen.“

Auch Bürgermeis­ter Thomas Hafner freut sich, dass es endlich losgeht und 2019 die Ersten einziehen können. Doch er äußert auch Kritik an Staatssekr­etär Johannes Hintersber­ger, der zum Spatenstic­h gekommen ist: „Auch wenn das Projekt von der bayerische­n Staatsregi­erung gefördert wird. Seit den 80er-Jahren hat sich der soziale Wohnungsba­u gedrittelt. Da muss mehr passieren.“

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Foto: Marcus Merk An der Greuterstr­aße soll ein neues Wohngebiet entstehen. Am Montag wurde mit dem ersten Spatenstic­h der erste Bauabschni­tt eingeweiht.

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