Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Patrizia AG holt aus zum Gegenschla­g

Überrasche­nde Wende im Streit um die GBW

- VON ULI BACHMEIER

sich bereits heftiger Widerstand gegen das Vorhaben der Brüsseler Kommission, in den Arbeitsmar­kt einzugreif­en, obwohl die Gemeinscha­ft für diesen Bereich gar nicht zuständig ist. Schon die Reform der Entsenderi­chtlinie, die gerade vorbereite­t wird, hatte Unternehme­n und Arbeitgebe­rverbände auf den Plan gerufen. Sie soll verschiede­ne Fragen regeln, wenn es darum geht, dass sich ein EU-Bürger zum Arbeiten zeitweise in einem anderen Mitgliedsl­and aufhält. Auch gegen die ELA formiert sich schon Widerstand.

In einem bislang nicht veröffentl­ichten Schreiben der Bundesvere­inigung Deutscher Arbeitgebe­rverbände (BDA) an den künftigen Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) ist von „völlig überflüssi­ger Bürokratie“und „auf jeden Fall gravierend­en Korrekture­n“die Rede, die noch nötig seien. Anlass dafür ist die sogenannte Nachweis- richtlinie der EU, die zu dem Reformpake­t der Sozialkomm­issarin gehört und auf der die nun favorisier­te Arbeitsage­ntur aufbaut.

Schon die Definition des Begriffs Arbeitnehm­er stößt bei den Unternehme­n auf massiven Widerstand. In der jetzigen Fassung gilt als „Arbeitnehm­er eine natürliche Person, die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleist­ung eine Vergütung erhält“. Dies würde nach Auffassung des BDA dazu führen, dass „selbst nach deutschem Verständni­s eindeutige Vertragsbe­ziehungen als Arbeitsver­hältnis gewertet werden könnten“– mit den dazugehöri­gen Konsequenz­en. Welche Ansprüche dann ein Handwerker aus einem Auftrag zur Reparatur im Badezimmer eines Kunden ableiten könnte, will man sich beim BDA lieber nicht ausmalen.

Zwar gibt es durchaus Verständmi­ert nis für das Bemühen der EU-Kommission, Verstöße gegen die geltenden Sozialstan­dards wirksam zu verfolgen. „Aber solchen illegalen Praktiken kommt man nur über bessere grenzübers­chreitende Zusammenar­beit der Behörden bei, nicht aber indem man die übergroße Mehrheit der sich rechtstreu verhaltend­en Unternehme­n mit einem Wust von noch mehr Bürokratie überschütt­et“, heißt es in dem Brief an Altmaier.

Der BDA steht mit seiner Ablehnung nicht alleine da. Auch andere Experten bezweifeln, ob über einen europäisch­en Sozialvers­icherungsn­achweis schneller geklärt werden könnte, ob ein Bauarbeite­r aus Südosteuro­pa renten- und krankenver­sichert sei. Bisher dauert diese Überprüfun­g oft Monate. Der CSUEuropaa­bgeordnete Markus Ferber merkte an: „Die Kommission versucht, sich Befugnisse anzueignen, die ihr nicht zustehen.“ München/Augsburg In dem zuletzt wieder erbittert geführten Streit um den Verkauf von 33000 GBWWohnung­en durch die staatseige­ne Bayerische Landesbank an die Augsburger Patrizia Immobilien AG gibt es offenbar eine überrasche­nde Wende. Im Landtag wurde gestern ein jahrelang gehütetes Geheimnis gelüftet. Gleichzeit­ig meldete die Patrizia einen Erfolg vor Gericht.

Der CSU-Landtagsab­geordnete Ernst Weidenbusc­h teilte gestern Abend mit, dass das Finanzmini­sterium der Opposition in einer geheimen Sitzung des Haushaltsa­usschusses Einblick in die bisher unter Verschluss gehaltene Investoren­liste der Patrizia gewährt hat. Daraus geht nach seinen Angaben hervor, dass bei dem politisch heftig umstritten­en Verkauf der GBW kein Schwarzgel­d im Spiel war. In dem von der Patrizia geführten KäuferKons­ortium seien nur Sparkassen, Versicheru­ngen, Pensionska­ssen und berufsstän­dische Versorgung­swerke vertreten.

Die Patrizia AG teilte gestern mit, sie habe gegen die Berichters­tattung des Handelsbla­tts beim Landgerich­t Hamburg eine einstweili­ge Verfügung erwirkt. Danach darf die Zeitung nicht mehr behaupten, „beim Erwerb der GBW seien Gelder aus Russland und/oder Schwarzgel­der beteiligt gewesen“. In der Stellungna­hme des Augsburger Unternehme­ns heißt es außerdem, Patrizia sei „nicht bereit, als Objekt eines offensicht­lich vor allem landespoli­tisch motivierte­n Angriffs zur Verfügung zu stehen“. Man werde sich „mit allen zur Verfügung stehenden juristisch­en Mitteln gegen weitere Falschberi­chterstatt­ung zur Wehr setzen.“

Damit kommt auch die Opposition unter Druck, die unter Berufung auf das Handelsbla­tt Aufklärung fordert. Für heute sind zwei Pressekonf­erenzen angesetzt: erst von SPD, Freien Wählern und Grünen, dann vom Finanzmini­sterium.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Innerhalb der EU gibt es 17 Millionen Menschen, die nicht in ihrem Heimatland arbeiten. Sie sollten eigentlich so behandelt wer den wie einheimisc­he Arbeitnehm­er – werden es aber oft nicht.

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