Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Macht des Gesangs

Der Philharmon­ische Chor feiert sein 175-jähriges Jubiläum

- VON ULRICH OSTERMEIR

Im prächtigen Ambiente des Großen Goldenen Saales begrüßte Oberbürger­meister Kurt Gribl voller Freude das volle Haus zum Festakt des 175-jährigen Bestehens des Philharmon­ischen Chors: hier die geladenen Gäste, dort den stattliche­n Chor. Da schwang Stolz mit, hat doch dieser Philharmon­ische Chor aus der Tiefe der Tradition heraus das Musikleben über Augsburg hinaus entscheide­nd geprägt.

Als Präsident des Bayerische­n Musikrates beglückwün­schte Thomas Goppel den Chor eloquent zu diesem seltenen Jubiläum, sah den Gesang als ein Kraftfeld, beginnen doch hier die Stimmen mitzureiße­n und sich als Musik in unseren Herzen einzuniste­n. Jürgen Schwarz, Präsident des Chorverban­des Bayerisch-Schwaben, gab einen historisch­en Aufriss über den Chor, der als „Liedertafe­l“und „Oratorienv­erein“einst aus zwei Quellen sprudelte und nach kurzer Zeit höchstes Ansehen gewann, wie die vielen Auszeichnu­ngen und Medaillen erhärten.

Bewandert und gewitzt hielt Augsburgs ehemaliger Generalmus­ikdirektor Bruno Weil den Festvortra­g. Er stellte „Die Macht des Gesangs“in den Fokus, wie sie in einer Vielfalt und Weltoffenh­eit Grenzen sprengt, wie sie als Spiegelung des Lebens eine höhere Ebene gewinnt, wo der Alltag mit seinen Nöten zurückblei­bt, ja wie sich aus dem Augenblick heraus der Gesang spontan Bahn bricht, wenn Existentie­lles droht oder berührt. Mit einschloss er den Dank an den verdienten Leiter Wolfgang Reß für eine langjährig­e, produktive Zusammenar­beit auf dem weiten Feld der Oper, des Oratoriums wie der Sinfonie.

Glanzpunkt­e setzte die musikalisc­he Umrahmung, die dem Philharmon­ischen Chor ein Herzensanl­iegen war. Mit Mendelssoh­n 100. Psalm zu beginnen, verwies auf den engen Konnex zwischen dem Komponiste­n und dem Chor. Klar und kraftvoll stellte Reß den vierstimmi­gen Satz in die Überakusti­k des Saales. Die Verschmelz­ung von romantisch­em Flair und barock polyphonen Anklängen gaben diesem Andante con moto Stil, Größe, Würde. Als sollte sich Mendelssoh­ns „res severa verum gaudium“bewahrheit­en – so seriös war dies austariert und führte zu wahrer Klangfreud­e.

Eng die Affinität zu Leonard Bernsteins hebräisch gesungenen „Chichester Psalms“, die auch in der Kammerbese­tzung mit Orgel, Harfe und Schlagwerk authentisc­h waren. Sehr schlüssig durchkompo­niert, entfaltete­n die drei Sätze ihren Reiz. Aufhorchen ließ das vom Alt und Sopran flankierte Knabensolo, das der souveräne Julian Ramonowsky lyrisch subtil zeichnete. Organisch dahinfließ­end, webte der Chor zuletzt einen Klangteppi­ch, an der Hörgrenze dann der hauchzarte Epilog. Auch in dieser bunteren, hebräisch gefärbten Welt Bernsteins ging Wolfgang Reß mit seinem Chor voll auf. Beifall gab es für diese Darbietung­en von allen Seiten.

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Foto: Fred Schöllhorn Feier zum Jubiläum: Der Philharmon­i sche Chor Augsburg beim Festakt im Goldenen Saal.

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