Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn ein Ort vom Stromnetz genommen wird
Energie Im Donau-Ries-Kreis stemmen die Lechwerke ein bundesweit bisher einzigartiges Projekt
Rain/Niederschönenfeld Einen Stromausfall hat wohl fast jeder schon einmal erlebt. Oft ist es glücklicherweise nach wenigen Augenblicken wieder vorbei. Was aber, wenn es sich um ein schwerwiegenderes, längerfristiges Problem handelt? Genau mit dieser Frage haben sich die LEW Verteilnetz GmbH und ihre Partner aus Wissenschaft und Industrie beschäftigt. Konkret wurde untersucht, ob und wie im Falle eines großflächigen Stromausfalls eine lokale Versorgung durch die Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort sichergestellt werden kann.
Kern des Projekts waren drei Feldversuche, die allesamt im südlichen Landkreis Donau-Ries rund um die Gemeinde Niederschönenfeld stattgefunden haben. Am gestrigen Mittwoch ging der letzte Test über die Bühne. Dabei wurden rund 1100 Haushalte für mehrere Stunden vom regionalen Verteilnetz abgekoppelt. Neben Niederschönenfeld waren auch Teile der Stadt Rain am Lech involviert. Stattdessen wurde eine sogenannte Netzinsel mit erneuerbaren Energien aufgebaut, die die Versorgung übernahm. „Es hat alles wie gewünscht geklappt“, sagt LEW-Sprecher Ingo Butters.
Den Strom für die Verbraucher erzeugten die circa 185 Photovoltaikanlagen im Versuchsgebiet, die Wasserkraftwerke in Feldheim und Rain sowie eine Biogasanlage. Getestet wurde auch, wie das Inselnetz mit seinen angeschlossenen Anlagen auf verschieden hohe Belastungen reagiert. Durch den Einsatz von Lastbänken konnte das Projektteam hier sehr genau justieren.
Dass regenerative Energien zur Inselnetzversorgung herangezogen werden und die Feldversuche unter Realbedingungen durchgeführt werden, ist laut LEW „einzigartig in der Energieforschung in Bayern und Deutschland“. Damit werde ein wichtiger Baustein zur Energiewende und zur Verbesserung der Versorgungssicherheit geliefert. Im Falle eines Stromausfalls könne mit einem Inselnetz sichergestellt werden, dass kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser oder Kläranlagen versorgt werden.
Dass beim Versuch gestern erstmals das Wasserkraftwerk Rain angekoppelt werden konnte, werten die Verantwortlichen als Nachweis, dass derartige Inselnetze auch erweiterbar sind und stabil betrieben werden können.
Doch warum genau wurde Niederschönenfeld als Standort ausgewählt? Für die Feldversuche mussten eine gesicherte Energieanlage und dezentrale Erzeugungsanlagen vorhanden sein. Mit dem Wasserkraftwerk Feldheim und den vielen dezentralen Erzeugungsmöglichkeiten – wie etwa Photovoltaik und Biomasse – in der Gemeinde sei diese Situation gegeben, heißt es von den Lechwerken.