Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Satire, die nicht jeden amüsiert
Theater Friedberger Laienspieler müssen Premiere absagen, weil das Stück Bürgermeister Eichmann missfällt
Friedberg Den Bürgermeister verspotten, und das in einem städtischen Gebäude – darf man das? In Friedberg offenbar nicht. Die Theatergruppe der Volkshochschule (Vhs) musste die für den vergangenen Freitag geplante Aufführung einer selbstverfassten Politsatire in der Mensa der Grund- und Mittelschule absagen. Der Grund: Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) hatte sich zuvor an die Leitung der Vhs gewandt und mitgeteilt, dass er nicht amüsiert sei. Die Reaktionen sind eindeutig. Der Kulturreferent des Stadtrats, Peter Gürtler (CSU), spricht von Zensur. Unfassbar ist der Vorgang für die Fraktionschefin der Grünen, Claudia Eser-Schuberth: „Sind wir eine Bananenrepublik?“Selbst Eichmanns Genossen schütteln den Kopf: „Ich hätte anders reagiert: Mich in die erste Reihe gesetzt und das Stück einfach angeschaut“, sagt der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Roland Fuchs.
Der Friedberger Tobias Hilgers hat die Laienspielgruppe unter dem Dach der Volkshochschule ins Leben gerufen. Diesmal wollte der 28-Jährige ein satirisches Stück mit lokalpolitischem Hintergrund auf die Bühne bringen. Im Mittelpunkt von „Die Qual der Wahl“steht ein Bürgermeister namens Robert Reichmann, der ein Feng-ShuiGutachten für den Umbau des Schlosses in Auftrag gibt.
Und damit traf Tobias Hilgers offenbar einen wunden Punkt. Denn im März 2015 wurde durch eine Recherche unserer Zeitung bekannt, dass Eichmann angesichts vermuteter negativer Schwingungen in dem Gebäude tatsächlich ein solches Gutachten in Auftrag gegeben hatte – bei einer Frau aus dem Münchner Raum, die nach eigenen Angaben mediale Fähigkeiten besitzt. Das 5000 Euro teure Gutachten hatte Eichmann im Rahmen seiner Befugnisse bestellt, ohne den Stadtrat zu informieren. Und anschließend auch die Herausgabe abgelehnt. Lediglich aus einem mündlichen Vortrag kennt man die Empfehlungen der Gutachterin: Man solle den Wittelsbachern ein Denkmal errichten, etwas aus Glas einbauen und eine symbolische Grundsteinlegung vornehmen, um die neue friedliche Bestimmung des einst kriegerischen Bauwerks zu dokumentieren.
Das Thema schlug seinerzeit über Friedberg hinaus mediale Wellen. Eichmann reagierte schroff, als es jetzt auf der Bühne wieder auftauchen sollte. „Ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren“, bestätigte Eichmann unserer Zeitung. Er drohte Tobias Hilgers mit rechtlichen Konsequenzen und verlangte vergeblich, das Textbuch vorab lesen zu können. Angesichts des Konflikts wollte die Vhs das Stück nicht mehr in ihrer Zuständigkeit haben. Und damit schied die städtische Mensa, die nicht an Private vermietet wird, als Veranstaltungsort aus.
Vergeblich hatten Mitarbeiter der Stadtverwaltung Eichmann zum Einlenken geraten. Wäre das Stück aufgeführt worden, hätten sich ein paar Dutzend Zuschauer amüsiert. Nun aber drohe die Gefahr, dass Friedberg und sein Feng-Shui-Gutachten wieder überregional Schlagzeilen machen. „Ein Witz“, kommentiert Kulturpfleger Gürtler. Es bleibe dem Initiator unbenommen, das Stück in eigener Verantwortung aufzuführen, rät Vhs-Vorsitzender, Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann (SPD).