Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lenkt Neusäß nach Elternprotesten ein?
Kinderbetreuung Die geplante Ganztagsschule wird in einigen Familien abgelehnt
geredet: Bereits im Sommer wurde im Ausschuss für Kultur, Bildung, Schule und Sport das Ergebnis einer Umfrage erläutert, an der knapp 600 Familien teilgenommen hatten. Aufgrund des Ergebnisses und auch, weil der Ausschuss und der Schulverband dafür waren, habe man sich für die Einführung der Ganztagsschule entschieden.
Im Übrigen sei der Elternverein, der bisher die Mittagsbetreuung übernimmt, selbst auf die Verwaltung zugekommen und habe für die offene Ganztagsschule geworben – der Aufwand in der Betreuung nach Unterrichtsschluss sei kaum noch zu stemmen, so das Argument, teilt die Stadt mit.
Irgendwo auf dem Weg zur offenen Ganztagsschule sind zunächst anscheinend die Eltern vergessen worden. Die Mutter aus Neusäß, die ebenfalls ihr Kind bislang in der Mittagsbetreuung gut versorgt sieht, sagt, sie verstehe nicht, dass sich die Stadt für diese Form der Betreuung entschieden hat – immerhin hätten doch die meisten Eltern in der Umfrage erklärt, sie seien mit der Mittagsbetreuung ganz zufrieden, wenn das nicht ginge, hätten sie gerne einen Hort und erst an dritter Stelle sei die offene Ganztagsschule genannt worden. Das liege sicher daran, dass diese Form der Betreuung noch nicht so bekannt sei, hatte Stadtrat Christian Rindsfüßer (SPD) damals das Ergebnis interpretiert. Außerdem seien bei der Frage auch Mehrfachnennungen möglich gewesen. Die Betreuung im Hort bleibt übrigens unverändert.
Am meisten Bauchschmerzen macht den Eltern die Tatsache, dass sie nun, wie aus der Mittagsbetreuung gewohnt, ihr Kind nicht mehr flexibel, je nach Dienstschluss, abholen können. Das gehe auch in der Mittagsbetreuung nicht wirklich, verdeutlicht jetzt die Pressesprecherin der Stadt Neusäß, Michaela Axtner. Vielmehr habe die Schule da bislang recht kulant gehandelt. Doch tatsächlich sieht ein großer Geldgeber der offenen Ganztagsschule, der Freistaat Bayern, zahlreiche Möglichkeiten, eine gewisse Flexibilität zu garantieren. So ist es laut Kultusministerium möglich, Kinder beispielsweise zwei Tage in der Woche in der Gruppe bis 14 Uhr und zwei Tage in der Gruppe bis 16 Uhr anzumelden – wenn das zu den Arbeitszeiten der Eltern passt.
Auch sieht das Kultusministerium vor, dass die Betreuungszeiten von Woche zu Woche flexibel abgesprochen werden können, solange die Gesamtbetreuungszeit gleich bleibt. Zudem sind Befreiungen für Familienfeiern oder Feste im Ort, Sportveranstaltungen oder Musikaufführungen ausdrücklich vom Kultusministerium vorgesehen. Auch eine Reduzierung oder Beendigung der Betreuung in der OGTS im Laufe des Schuljahres ist in besonderen Fällen möglich.
Die Stadt Neusäß und der voraussichtliche Träger der offenen Ganztagsschule, St. Thomas Morus, wollen nun besprechen, was davon auch vor Ort umgesetzt werden kann. Betont aber, dass gerade die flexiblen Betreuungszeiten in der Umfrage vom vergangenen Jahr kaum für Eltern wichtig waren.
Dafür setzt sich in seinem Wahlkreis übrigens auch der Landtagsabgeordnete Peter Tomaschko (CSU/ Landkreis Aichach-Friedberg), ein. Er ermuntert Eltern und Kommunen, den Spielraum auszuschöpfen. In Friedberg waren vor zwei Jahren in allen städtischen Grundschulen offene Ganztagsschulen eingerichtet worden. Die Stadt berichtet heute, dass sich das System nach anfänglichen Bedenken der Eltern eingespielt habe und die Anmeldungen steigend seien.