Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Fußball hat mein Leben bestimmt“
Was macht eigentlich ...? Giacomo Belardi war beim FCA ein Spieler der ersten Stunde. Später führte ihn sein Weg nach Amerika, bevor er wieder in Augsburg landete und wilde Zeiten erlebte (Serie/10)
Italienischer kann ein Name eigentlich nicht klingen. Dennoch verbrachten Sie den Großteil Ihres Lebens in Deutschland ...
Belardi: Vor meiner Einschulung sind wir damals von Rom nach Augsburg gezogen. Allerdings war die Zeit dann nicht einfach.
Warum?
Belardi: Ich war der einzige Ausländer damals in meiner Klasse in der Pestalozzischule und habe unter einigen meiner Mitschüler und Lehrer sehr gelitten. Später hat mir der Fußball geholfen. Da war ich dann etwas anerkannter. Manchmal denke ich, vielleicht wäre ich ohne den Fußball nicht so weit in meinem Leben gekommen.
Das Talent hat Sie immerhin dann zum FC Augsburg gebracht und Sie waren sozusagen ein Spieler der ersten Stunde ...
Belardi: Im Jahr 1969 war die Fusion zwischen dem BCA und dem TSV Schwaben, daraus entstand der FCA. Damals spielte der Verein in der Bayernliga (damals dritthöchste Liga, Anm. der Red.) und man wollte mit aller Macht zweitklassig sein. Ich kam vom TSV Pfersee zum FCA und stand dann gleich am ersten Spieltag bei der SpVgg Weiden in der Startaufstellung.
Man hatte nach der Fusion große Erwartungen. Warum hat es mit dem Aufstieg zunächst nicht geklappt? Zumal Augsburg einen prominenten Trainer hatte?
Belardi: Ja, das war Herbert Erhardt. Er war zuvor viele Jahre Nationalspieler und auch im Kader bei Sepp Herberger bei der WM 1954 in der Schweiz, aber zwischen uns Spielern und dem Trainer hat es nie so richtig funktioniert. Ich bin nach diesem Jahr auch zum TSV Mainaschaff (Kreis Aschaffenburg, Anm. d. Red.) in die Landesliga.
Später bekamen Sie allerdings doch noch ein Traumangebot ...
Belardi: 1982 habe ich nach der Bund A-Lizenz meinen Schein als Fußball-Lehrer in Köln gemacht. Anschließend habe ich in Amerika auf Einladung des kalifornischen Fußballverbands vier Wochen ein Fußball-Camp geleitet.
Das war auch nicht Ihr letzter Amerika-Aufenthalt ...
Belardi: Nein, ich bekam eine Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, in San Diego zu trainieren. Ich wurde dort 1988 dann Director of Coaching und übernahm dort die Trainerausbildung. Das waren 14 Jugendteams und zwei Seniorenmannschaften. Das Niveau bei den Männern war ungefähr so wie in der Bayernliga in Deutschland. Das war eine wunderschöne und sensationelle Zeit.
Waren Sie damals schon verheiratet? Belardi: Ja, aber meine Frau hat bei der Regierung von Schwaben gearbeitet und wollte ihren Job zu Recht auch nicht aufgeben. Ich wusste ja auch nicht, wie lange das dann gut gehen wird. Ich war dann allein in Amerika. 1991 kam ich dann wieder zurück nach Augsburg.
Dann erlebten Sie noch einmal wilde Zeiten beim FCA ...
Belardi: Die Firma Sortimo stieg 1996 als Hauptsponsor ein. Ich war dort angestellt und mein Chef Herbert Dischinger stellte mich für den FCA frei. Präsident wurde Reiner Gauger und ich Abteilungsleiter. Helmut Haller war Vizepräsident. Das war eine schwierige Zeit. Als wir den Verein übernommen haben, waren etliche finanzielle Löcher da. Das Geld war ja beim FC Augsburg viele Jahre immer wieder ein leidiges Thema ...
Belardi: Dabei ging es nicht um die Summen, um die es heute geht. Um von Sponsoren
3000 Mark zu bekommen, mussten wir etliche Bücklinge machen. Allerdings ist es mir damals schon gelungen, mit Nike einen großen Sponsor zu gewinnen und einige gute Spieler haben wir auch geholt. Wie Nationalspieler Dieter Eckstein oder Werner Rank. Manchmal denke ich schon, dass man diese Zeit vergessen hat.
Warum?
Belardi: Weil in allen FCA-Chroniken diese Zeit nicht erwähnt wird! Dabei hatten wir unglaublich viel Arbeit. Bei der Übernahme von uns waren fast alle Verträge der Spieler ausgelaufen und es war nicht einfach, eine Mannschaft für die Regionalliga zusammenzustellen. Sie waren damals und auch später viel mit Helmut Haller zusammen ... Belardi: Bis zu seinem Tod waren wir ja sehr gut befreundet. Nach unserer Zeit beim FCA bekamen wir beide einmal ein Angebot aus Dubai. Haller hätte Trainer werden sollen und ich Co-Trainer. Aber das kam dann nicht zustande. Im Gespräch mit den Scheichs haben wir anscheinend zu hoch gepokert (Belardi lacht). Aber mit Haller habe ich dann noch in Kuba trainiert. Da gab es damals eine deutsch-kubanische Freundschaft, die vor allem vom ehemaligen DFB-Chef Theo Zwanziger unterstützt wurde. Mit Haller habe ich noch viele Jahre mit weiteren Ex-Bundesliga- und Nationalspielern in der Toto-Lotto-BenefizElf in Baden-Württemberg gespielt. Das war mit meine schönste Zeit. Der Tod von Helmut hat mich dann sehr getroffen, aber ich besuche sein Grab immer noch ein paarmal im Jahr.
Gibt es Dinge, die Sie heute bereuen? Belardi: Nein, Fußball hat mein Leben bestimmt. Schade ist, dass man damals nicht das Geld verdienen konnte wie heute, aber ansonsten würde ich alles wieder so machen.
Sie wohnen jetzt in Mertingen (in der Nähe von Donauwörth) und wollten vor einigen Jahren auch den Donauwörther Fußball mit viel Engagement wiederbeleben?
Belardi: Ja, ich dachte mir, in einer Stadt mit 20000 Einwohnern muss doch was gehen. Als ich damals in Donauwörth eingestiegen bin, waren wir zunächst auch ganz erfolgreich. Wir haben den FC Donauwörth 08 gegründet und sind von der B-Klasse in die Bezirksliga aufgestiegen, aber letztlich war es dann finanziell nicht mehr zu stemmen. Heute gibt es den Verein auch nicht mehr. Die meisten Spieler haben sich dem Nachbarverein SV Wörnitzstein angeschlossen.
Für wen schlägt eigentlich Ihr Herz, wenn Deutschland mal wieder gegen Italien spielt?
Belardi: Mein Lieblingsverein ist ja Lazio Rom. In Deutschland der FC Augsburg und Bayern München. Wenn allerdings Italien gegen Deutschland spielt, bin ich für Italien.
Mit Ihrer Heimat sind Sie immer noch verbunden?
Belardi: Ja, ich bin vor kurzem 70 Jahre alt geworden. Ich bin gesund und immer noch sehr aktiv. Ich bin Reiseleiter für organisierte Wohnmobilund Caravan-Touren und da bin ich hauptsächlich für die ItalienReisen zuständig. Demnächst geht es wieder zusammen mit meiner Frau in die Emilia Romagna und weiter nach Apulien und in die Basilikata.
Interview: Wolfgang Langner
● Giacomo Belardi ist am 3. Januar 1948 in Rom geboren
● Laufbahn als Spieler Der Hei matverein von Belardi war der TSV Pfersee. Nach seiner Zeit beim FCA hat er auch noch beim TSV Main aschaff, dem TSV Sonthofen, dem FC Kempten, dem TSV Fischen ge spielt. Zudem kickte er auch in der Schwaben Auswahl.
● Fußball Schule Belardi war einer der Ersten in Deutschland, der für den Nachwuchs eine Fußballschule anbot. Er leitete Fußballschulen in Deutschland, Spanien, Kuba und Ita lien.
● Privates Belardi ist verheiratet mit Frau Haydee und hat eine Tochter (Manuela).