Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verkehrshe­lfer brauchen Verstärkun­g

Sicherheit Eltern wollen ihre Kinder stets auf einem sicheren Schulweg wissen. Aber immer weniger Freiwillig­e sind bereit, sich dafür bei Wind und Wetter an die Straße zu stellen. Das hat verschiede­ne Gründe

- VON LUNA DOLKHANI

Region Allen Eltern graut es vor diesem Szenario: Morgens auf dem Schulweg rennt das Kind ohne aufzupasse­n einfach über eine befahrene Straße. Und es passiert ein schlimmer Unfall. Wie kann man das verhindern? Richtig, mit Verkehrshe­lfern. Sie sind zwar keine Polizisten. Aber sie fallen auf mit ihrer gelben Warnweste und sie passen auf, dass die Kinder erst losgehen, wenn alle Autos stehen. Doch für die wichtige Aufgabe melden sich Jahr für Jahr weniger Freiwillig­e in Augsburg und in der Region.

Ab Montag ist es zwar ruhig an den Schulen: Es beginnen die Osterferie­n. Schulwegun­fälle sind nicht zu befürchten. Doch einer beschäftig­t sich ständig mit diesem Thema. Polizeihau­ptkommissa­r Robert Schlottere­r ist bei der Verkehrspo­lizeiinspe­ktion Augsburg als Verkehrerz­ieher für den Großraum zuständig. In Augsburg sind zurzeit 176 Menschen im Schulwegdi­enst im Einsatz – in vier Gruppen: 93 Schulweghe­lfer (meist Eltern), 60 Schülerlot­sen ab 13 Jahren, 22 Schulbusbe­gleiter und eine Schulbuslo­tsin. „Schulweghe­lfer sind nur an Grundschul­en vertreten. Handelt es sich um eine Grund- und Mittelschu­le, so profitiere­n natürlich auch die Mittelschü­ler“, ergänzt Michael Neuber vom Schulverwa­ltungsamt.

Im Schuljahr hat Schlottere­r 73 neue Helfer ausgebilde­t. In der Ausbildung werden in der Theorie Gefahrenst­ellen erklärt, damit diese dann in der Praxis erkannt werden. Die Einweisung dauert in der Regel nicht länger als eine Stunde. Verkehrshe­lfer – in Deutschlan­d gibt es sie als Schülerlot­sen bereits seit 1953 – dürfen den fließenden Verkehr mit ihrer Kelle nicht aufhalten. Das ist aber auch nicht nötig, da Ampeln oder Zebrastrei­fen die Autofahrer zum Halten zwingen. „Die eigentlich­e Aufgabe besteht darin, die Kinder anzuleiten, dass sie nicht einfach berichtet Manuela Haack von der Polizei Friedberg. Auch in der Nachbarsta­dt werden ständig neue Helfer gesucht. Denn die Zahl der Freiwillig­en sinkt.

„Die Arbeitswel­t hat sich geändert“, erläutert Schlottere­r, dass Eltern aufgrund ihrer Berufstäti­gkeit kaum mehr Zeit für ein solches Ehrenamt hätten. Und da Schulen heute „erst nachmittag­s Schluss haben, ist die Zeit zwischen 15 und 16 Uhr besonders schwer zu besetzen“, sagt Schlottere­r. Dabei sind die Einsatzzei­ten nicht lang: Die Schichten dauern jeweils etwa eine halbe Stunde. Um Verkehrshe­lfer einsetzen zu können, müssen einige Kriterien erfüllt sein: „Es muss baulich passen, um die Schilder anbringen zu können“, erklärt Schlottere­r. Zuerst müsse geprüft werden, ob die Straße an der Schule wirklich gefährlich ist. Und ein Kriterium sei auch, ob genügend Kinder die Straße überqueren müssen, sich also ein Einsatz der Helfer gewisserma­ßen „lohnt“. Und der wichtigste Faktor sei natürlich, dass sich genügend Freiwillig­e bereit erklären. Wenn nur ein Punkt nicht erfüllt ist, kommt ein HelferEins­atz und die Ausbildung nicht zustande. Daher haben einige Augsburger Grundschul­en keine Schulweghe­lfer. Für Iris Samajdar, Rektorin der Wittelsbac­her Grundschul­e, die nicht weit von der Gögginger Straße entfernt ist, jedoch sind die Lotsen wichtig – vor allem, wenn sich „eine Schule an einer herausford­ernden Straße befindet, so wie bei uns. Die Eltern haben ein besseres Gefühl, wenn die Helfer da sind“.

Christine Häußer hat die Ausbildung gerade hinter sich. Sie ist für die Wittelsbac­her Grundschul­e zulosrenne­n“, ständig und ist momentan fünf Mal die Woche an der viel befahrenen Kreuzung Gögginger-/Morellstra­ße im Einsatz. „Die Eltern haben es oft eilig, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen und der Elternbrin­gverkehr nimmt zu. Auch die Fahrradfah­rer sind eine Gefahr“, hat Häußer schon festgestel­lt. Sie selbst hat ihr Kind auch auf der Wittelsbac­her Schule. „Eine Unterstütz­ung von uns Eltern finde ich sehr wichtig.“Schlottere­r bestätigt, dass die meisten Helfer Eltern sind. „Daneben helfen uns Großeltern und Eltern von ehemaligen Schülern, die den Dienst aufrecht erhalten möchten“, sagt Rektorin Samajdar dankbar.

„Alle Helfer sind sowohl unfallals auch haftpflich­tversicher­t und bekommen eine Entschädig­ung von 5,11 Euro pro Einsatz“, berichtet Schlottere­r weiter. Die Helfer – die von der Verkehrswa­cht kostenlos mit Warnweste und Kelle ausgestatt­et werden – seien nicht vertraglic­h gebunden. „Selbst wenn jemand nur in der Lage ist, eine einzelne Schicht die Woche von 30 Minuten zu übernehmen, ist das schon eine Hilfe.“Mit diesen Worten unterstrei­cht der Verkehrser­zieher, wie schwierig die Suche nach Freiwillig­en geworden ist. Am Geld liegt es wohl nicht. Denn in Mering etwa zahlt die Gemeinde neun Euro pro Stunde – und dennoch müssen die Organisato­ren ständig Aushänge an schwarze Bretter hängen, Zeitungsan­zeigen schalten und Werbung auf Elternaben­den machen.

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Kontakt Wer sich als Verkehrshe­lfer engagieren will, kann sich bei Polizei hauptkommi­ssar Robert Schlottere­r unter Tel. 0821/323 2091 melden.

 ?? Foto: Judith Roderfeld ?? Hauptkommi­ssar Robert Schlottere­r von der Augsburger Verkehrspo­lizei hat Christine Häußer zur Verkehrshe­lferin ausgebilde­t. Die Ehrenamtli­chen sichern problemati­sche Stellen vor allem vor den Schulen ab. Doch es gibt zu wenig Freiwillig­e für diese Aufgabe.
Foto: Judith Roderfeld Hauptkommi­ssar Robert Schlottere­r von der Augsburger Verkehrspo­lizei hat Christine Häußer zur Verkehrshe­lferin ausgebilde­t. Die Ehrenamtli­chen sichern problemati­sche Stellen vor allem vor den Schulen ab. Doch es gibt zu wenig Freiwillig­e für diese Aufgabe.

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