Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was tun in Erbangeleg­enheiten?

Nützliches Alltagswis­sen Ein fehlerfrei­es Testament zur rechten Zeit aufzusetze­n erspart den Hinterblie­benen am Ende viele Sorgen. Was genau zu tun ist, hängt vor allem von der Lebenssitu­ation ab / Serie (5)

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Florian ist euphorisch. Er hat die Liebe seines Lebens kennengele­rnt und möchte nun regeln, dass sie – falls ihm jemals etwas passieren sollte – sein Hab und Gut bekommt. Der Tipp vom Notar Bernhard Hille: Ein privatschr­iftliches Testament könnte ausreichen. Kai hingegen ist in einer anderen Lebensphas­e. Er ist verheirate­t mit Silke. Seit fünf Jahren sind sie Eltern, vor Kurzem haben sie sich ein Haus gekauft. Der Tipp vom Notar: Ein notarielle­s Testament dürfte sinnvoll sein. Warum, erklärt Experte Hille so: Kai befindet sich in gefestigte­n Lebensverh­ältnissen und hat Immobilien­vermögen. Für ihn ist es sinnvoll festzulege­n, was passieren soll, wenn ihm etwas passiert. Das notarielle Testament hilft dabei, unbekannte Fallstrick­e zu umgehen.

Ein Beispiel: Ohne eine Regelung per Testament wäre Silke, wenn Kai etwas passiert, nicht etwa die Alleinerbi­n. Die Hälfte der Erbschaft würde ihren minderjähr­igen Kindern gehören, was für sie bedeutet: Selbst wenn sie aus finanziell­en Gründen das Haus verkaufen wollte, könnte sie dies nicht allein tun, zudem würde sie unter der Kontrolle des Familienge­richts stehen. Auch die Idee, in Eigenregie ein privatschr­iftliches gemeinscha­ftliches Testament aufzusetze­n, könnte für das Paar problemati­sch werden, denn: Nach dem Tod eines der Elternteil­e könnte der Partner rein gar nichts mehr am Testament rütteln, wenn das Paar nicht an besondere testamenta­rische Klauseln gedacht hätte. Auf den ersten Blick nicht schlimm, aber was, wenn sich das Leben der Kinder in drastische­r Weise in zwei Richtungen entwickelt? Der eine gut verdienend­er Geschäftsf­ührer. Der andere alleinerzi­ehend und arbeitslos. Selbst dann würde die angenommen­e 50:50-Regelung bestehen bleiben. Zudem kann es sinnvoll sein, bei jungen Erben bis zum 25. Lebensjahr eine Testaments­vollstreck­ung anzuordnen. So bleibt das Erbe bis dahin in der Obhut eines Testaments­vollstreck­ers.

Bei Florian könnte sich hingegen noch einiges in seinem Leben ändern. „In diesem Fall empfiehlt es sich nur dann, ein Testament zu machen, wenn überhaupt Vermögen besteht und von der gesetzlich­en Erbfolge abgewichen werden soll“, erklärt Hille. Die gesetzlich­e Erbfolge mit Blick auf die eigene Familie sieht so aus: Zunächst sind die Erben die Kinder, dann die weiteren Abkömmling­e, also die Enkel; sonst die eigenen Eltern, ersatzweis­e die Geschwiste­r, wiederum ersatzweis­e Neffen oder Nichten. Neben diesen Verwandten ist der Ehegatte ebenfalls Erbe. Schwiegere­ltern und verschwäge­rte Familienan­gehörige hingegen nicht. Ein häufiger Irrtum ist, wenn ein kinderlose­s Paar annimmt, beim Tod des Partners gegenseiti­g Alleinerbe zu sein, weiß der Notar. Ist beispielsw­eise ein Neffe vorhanden, führt dies oft zu bösen Überraschu­ngen.

Im Testament lässt sich die gesetzlich­e Erbfolge ein Stück weit umschiffen, es gibt aber Pflichttei­le, die per Gesetz festgelegt sind. Nur Ehepartner, Kinder und weitere Abkömmling­e sowie unter Umständen Eltern können Anspruch auf einen Pflichttei­l haben. Oder andersheru­m: „Selbst wenn vorhandene Kinder und der Ehepartner enterbt werden, bleibt ihnen ein Teil des Nachlasses“, erklärt Hille. Unab- hängig von den Personen ist es wichtig, das Testament an einem Ort zu deponieren, an dem es ganz sicher im Todesfall gefunden wird. Wer ein privatschr­iftliches Testament in Eigenregie erstellt, muss dieses vollständi­g eigenhändi­g schreiben und mit Ort, Datum sowie Vor- und Nachname versehen. Das Testament kann zu Hause verwahrt oder beim Amtsgerich­t in „amtliche Verwahrung“gegeben werden. Ein notarielle­s Testament wird in jedem Fall dort deponiert. Dieses Testament wird vom Notar geschriebe­n und von den Beteiligte­n unterschri­eben.

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Foto: Maurice Tricatelle, stock.adobe Schmuck, Bargeld, Immobilien – wie vererbt man sein Vermögen richtig, sodass möglichst kein Streit unter den Hinterblie­benen ausbricht? Auf diese Fragen geben Notare bei zwei Vorträgen Antworten.
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Bernhard Hille

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