Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was tun in Erbangelegenheiten?
Nützliches Alltagswissen Ein fehlerfreies Testament zur rechten Zeit aufzusetzen erspart den Hinterbliebenen am Ende viele Sorgen. Was genau zu tun ist, hängt vor allem von der Lebenssituation ab / Serie (5)
Landkreis Augsburg Florian ist euphorisch. Er hat die Liebe seines Lebens kennengelernt und möchte nun regeln, dass sie – falls ihm jemals etwas passieren sollte – sein Hab und Gut bekommt. Der Tipp vom Notar Bernhard Hille: Ein privatschriftliches Testament könnte ausreichen. Kai hingegen ist in einer anderen Lebensphase. Er ist verheiratet mit Silke. Seit fünf Jahren sind sie Eltern, vor Kurzem haben sie sich ein Haus gekauft. Der Tipp vom Notar: Ein notarielles Testament dürfte sinnvoll sein. Warum, erklärt Experte Hille so: Kai befindet sich in gefestigten Lebensverhältnissen und hat Immobilienvermögen. Für ihn ist es sinnvoll festzulegen, was passieren soll, wenn ihm etwas passiert. Das notarielle Testament hilft dabei, unbekannte Fallstricke zu umgehen.
Ein Beispiel: Ohne eine Regelung per Testament wäre Silke, wenn Kai etwas passiert, nicht etwa die Alleinerbin. Die Hälfte der Erbschaft würde ihren minderjährigen Kindern gehören, was für sie bedeutet: Selbst wenn sie aus finanziellen Gründen das Haus verkaufen wollte, könnte sie dies nicht allein tun, zudem würde sie unter der Kontrolle des Familiengerichts stehen. Auch die Idee, in Eigenregie ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament aufzusetzen, könnte für das Paar problematisch werden, denn: Nach dem Tod eines der Elternteile könnte der Partner rein gar nichts mehr am Testament rütteln, wenn das Paar nicht an besondere testamentarische Klauseln gedacht hätte. Auf den ersten Blick nicht schlimm, aber was, wenn sich das Leben der Kinder in drastischer Weise in zwei Richtungen entwickelt? Der eine gut verdienender Geschäftsführer. Der andere alleinerziehend und arbeitslos. Selbst dann würde die angenommene 50:50-Regelung bestehen bleiben. Zudem kann es sinnvoll sein, bei jungen Erben bis zum 25. Lebensjahr eine Testamentsvollstreckung anzuordnen. So bleibt das Erbe bis dahin in der Obhut eines Testamentsvollstreckers.
Bei Florian könnte sich hingegen noch einiges in seinem Leben ändern. „In diesem Fall empfiehlt es sich nur dann, ein Testament zu machen, wenn überhaupt Vermögen besteht und von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden soll“, erklärt Hille. Die gesetzliche Erbfolge mit Blick auf die eigene Familie sieht so aus: Zunächst sind die Erben die Kinder, dann die weiteren Abkömmlinge, also die Enkel; sonst die eigenen Eltern, ersatzweise die Geschwister, wiederum ersatzweise Neffen oder Nichten. Neben diesen Verwandten ist der Ehegatte ebenfalls Erbe. Schwiegereltern und verschwägerte Familienangehörige hingegen nicht. Ein häufiger Irrtum ist, wenn ein kinderloses Paar annimmt, beim Tod des Partners gegenseitig Alleinerbe zu sein, weiß der Notar. Ist beispielsweise ein Neffe vorhanden, führt dies oft zu bösen Überraschungen.
Im Testament lässt sich die gesetzliche Erbfolge ein Stück weit umschiffen, es gibt aber Pflichtteile, die per Gesetz festgelegt sind. Nur Ehepartner, Kinder und weitere Abkömmlinge sowie unter Umständen Eltern können Anspruch auf einen Pflichtteil haben. Oder andersherum: „Selbst wenn vorhandene Kinder und der Ehepartner enterbt werden, bleibt ihnen ein Teil des Nachlasses“, erklärt Hille. Unab- hängig von den Personen ist es wichtig, das Testament an einem Ort zu deponieren, an dem es ganz sicher im Todesfall gefunden wird. Wer ein privatschriftliches Testament in Eigenregie erstellt, muss dieses vollständig eigenhändig schreiben und mit Ort, Datum sowie Vor- und Nachname versehen. Das Testament kann zu Hause verwahrt oder beim Amtsgericht in „amtliche Verwahrung“gegeben werden. Ein notarielles Testament wird in jedem Fall dort deponiert. Dieses Testament wird vom Notar geschrieben und von den Beteiligten unterschrieben.