Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit 79 in die Muckibude: Heute fast normal?
Gesundheit Die Generation 60 plus sucht sich im Augsburger Land viele Wege, um im Ruhestand vital zu bleiben. Durch Fitness hält sie sich körperlich fit. Warum der Sport auch Einfluss auf die geistige Gesundheit haben kann
Landkreis Augsburg Der Mehrzahl der älteren Menschen geht es gesundheitlich gut, ihre Lebenserwartung steigt immer mehr. Das zeigt der erste bayerische Bericht zur Seniorengesundheit. Aber sind Senioren im Alter tatsächlich fit? Bei Peter Smits stimmt das. Der 79-Jährige macht wöchentlich Kraftsport und betreut beim TV Willmatshofen das Seniorentraining. 40 Vereinsmitglieder sind derzeit angemeldet, pro Übungsstunde kommen bis zu zehn Sportler. Er sagt: „Die Senioren heute werden immer fitter.“Er kenne viele Männer und Frauen, die früher kaum Sport getrieben hätten. Als sie das erste Mal zum Training gekommen waren, dann seien sie fast hereingekrochen. „Und nach ein paar Wochen an den Geräten stehen sie aufrecht und mit vollen Wangen da. Sie sind heute so fit wie noch nie zuvor.“
„Das ist ein positiver Trend“, bestätigt Rainer Abt vom Fitnessstudio Sanus aus Gersthofen. „Auch zu uns kommen immer mehr 60- bis 70-Jährige. Unser Ältester ist 86 Jahre alt.“Für das Publikum gebe es ein genaues Trainingskonzept: „Wir arbeiten mit ihnen vor allem an Gleichgewicht, Beweglichkeit und daran, dass die Muskeln und Gelenke wieder stärker werden.“Denn mit dem Alter wachsen laut Abt auch Probleme im Alltag. Bücken, Schuhe binden oder Kisten schleppen: Das alles wird schwieriger. Mit Fitness lässt sich gegensteuern. Aber Achtung: Man müsse beim Training darauf achten, mit wenig Gewicht anzufangen und die Übungen langsam anzugehen, sagt Abt. „Dann fühlen sich die älteren Sportler sicher und haben mehr Spaß an der Sache.“
Dominik Kratzer legt bei seinem Training den Schwerpunkt vor allem auf die Mobilität. Der Personaltrainer aus Langweid erklärt: „Beweglichkeit ist wichtig. Denn die Elastizität der Sehnen und Bänder nimmt im Alter ab.“Das Training müsse zwar an Hüft-, Knie- und Schulterprobleme angepasst werden. „Doch eine gewisse Intensität muss da sein. Sonst ist das Training nicht sinnvoll.“
Für Rainer Abt hat der Sport einen positiven Nebeneffekt: „Die Senioren werden durch die körperliche Bewegung auch geistig fitter. Sie haben mehr Lebensfreude, die Sprachqualität wird besser, sie können sich schneller erinnern.“Dieser Aspekt ist für Raimund Strauch wichtig. Der Vorsitzende des Seniorenbeirats Stadtbergen schwärmt deshalb von dem Tanztreff in der Stadt. „Man kommt in Bewegung, man muss sich zudem konzentrieren und sich die Schritte merken – auch wenn wir keinen Rock’n’Roll mit Überschlag hinlegen.“Zudem sei es eine gute Möglichkeit, unter Leute zu kommen und Kontakte zu knüpfen.
Anschluss an die Gesellschaft wollen auch die Aktivsenioren finden. Das sind ehemalige Geschäftsleute, die als Rentner ehrenamtlich junge Unternehmensgründer beraten. Sie sind ein Beispiel dafür, sich im Alter auch intellektuell zu fordern – eine Win-win-Situation für Jung und Alt. Wolfram Gehr erklärt: „Wir wollen unsere Erfahrungen weitergeben und nah am aktuellen Geschehen bleiben.“Sich mit jüngeren Leuten auszutauschen und sich mit anspruchsvollen Projekten auseinanderzusetzen, sei für die Aktivsenioren wichtig. „Es ist ein Weg, um an der Gesellschaft dranzubleiben.“
Nicht nur an der Gesellschaft, auch an anderen Kulturen wollen Senioren heutzutage teilhaben. „Früher haben die Senioren zwei Wochen Strandurlaub gebucht“, sagt Bernd Reiser von „Reisewelt 24“in Gersthofen. „Aber heute wollen sie Abenteuerurlaub in Norwegen oder eine Expedition nach Peru.“Für das Publikum 60 plus organisiert das Büro kleine Gruppenreisen. Die ältesten Kunden buchten mit über 90 Jahren immer noch Kreuzfahrten in Europa. „Das hätten sich viele früher gar nicht zugetraut.“»Kommentar