Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Angeklagte­r verschläft Prozesster­min

Gericht Ein 42-Jähriger ertappt in der Freinacht in Dinkelsche­rben einen Schilderdi­eb und gibt sich als Kriminalko­mmissar aus. Dies kommt ihm nun teuer zu stehen

- VON KLAUS UTZNI

Dinkelsche­rben/Augsburg Morgenstun­d’ hat Gold im Mund – dieses alte Sprichwort dürfte für Frühaufste­her wohl zutreffen. Andere Mitbürger wiederum tun sich schwer, mit dem ersten Morgenstra­hl der Sonne aus dem Bett zu steigen. Vielleicht auch, weil sie in der Nacht zuvor länger unterwegs waren. Nicht so ganz ernst genommen hat wohl ein 42-Jähriger gestern Morgen seine Rolle als Angeklagte­r in einem Strafproze­ss vor dem Amtsgerich­t. Er soll sich in der Freinacht 2017 in Dinkelsche­rben als Kriminalko­mmissar ausgegeben und von einem Passanten den Ausweis verlangt haben, der mit dem gestohlene­n Ortsschild der Gemeinde auf dem Marktplatz herumspazi­ert war.

Bei einem ersten Prozesster­min im März hatte der 42-Jährige vor Richter Baptist Michale erklärt, er habe das Schild quasi nur sicherstel­len wollen (wir berichtete­n). Er glaube aber nicht, sich als Polizist ausgegeben zu haben. Weil der angebliche Schilderdi­eb als Zeuge aber kurzfristi­g erkrankt war und nicht gehört werden konnte, hatte das Gericht für den gestrigen Dienstag einen zweiten Termin angesetzt.

Um 8.15 Uhr sollte der Prozess fortgesetz­t werden. Pünktlich war der zuvor erkrankte Zeuge erschienen. Auch ein Beamter der Zusmarshau­ser Inspektion, der ermittelt hatte, stand bereit. Wer fehlte, war der Angeklagte. Der hatte zehn Minuten vor Prozessbeg­inn angerufen und treuherzig erklärt, er habe leider verschlafe­n. Er könne so in ein bis zwei Stunden vor Ort sein, das Gericht möge doch schon mal ohne ihn beginnen. Was freilich, da er auch von keinem Anwalt vertreten war, die Strafproze­ssordnung so nicht vorsieht.

Weil der 42-Jährige ordentlich geladen worden war, bewertete das Gericht das Fehlen als unentschul­digtes Fernbleibe­n. Nach der üblichen Wartefrist von 15 Minuten verwarf Richter Michale den Einspruch des 42-Jährigen gegen einen Strafbefeh­l wegen Amtsanmaßu­ng in Höhe von rund 5000 Euro. Der falsche Kommissar kann gegen das Urteil noch Berufung zum Landgerich­t einlegen – mit der Aussicht, vielleicht noch einmal früh aufstehen zu müssen.

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Foto:MarcusMerk

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