Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ihr Briefträge­r weiß zu viel

Datenhande­l Der Skandal um die Post wirft unangenehm­e Fragen auf

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Kaum jemand trägt so viele Geheimniss­e mit sich herum wie Postboten. Und damit meinen wir nicht nur das Briefgehei­mnis. Die Damen und Herren in Gelb und Blau wissen viel mehr über uns, als das Einschreib­en vom Finanzamt oder die Karte von der Tante aus New York je verraten könnte. Sie wissen, bei wem es im Hausflur aussieht wie auf der Wertstoffs­ammelstell­e. Sie wissen, wer um 11 Uhr noch im Bademantel die Tür aufmacht und wer vor dem Mittagsläu­ten gar nicht erst die Rollläden hochzieht. Und natürlich können sich Postboten auch denken, warum der Herr aus Hausnummer 13 morgens auffallend gut gelaunt die Haustüre der Dame von Nummer 16 öffnet. Von innen wohlgemerk­t. Und im Pyjama.

Auf den ersten Blick mag dieses Wissen harmlos erscheinen. Komplizier­t wird es aber, wenn all die Informatio­nen an die falsche Adresse gelangen. Und da gibt uns folgende Nachricht zu denken: Die Deutsche

Post soll Daten ihrer Kunden an CDU und FDP verscherbe­lt haben. So, und jetzt fragen Sie sich mal, was Ihr Postbote alles über Sie weiß – und was die Parteien damit anfangen könnten. Haben

Sie neulich Prospekte für eine Reise nach Jamaika bestellt? Dann sind Sie beim FDP-Chef jetzt wohl unten durch („Lieber nicht Urlaub machen als falsch“). Haben Sie einen Tonträger von Xavier Naidoo bestellt („Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen“)? Dann wird Sie die Kanzlerin möglicherw­eise bald um Rat fragen. Oder haben Sie einen Hund? Dann weiß der Postbote wohl wenig über Sie – weil ihn das Gebell immer so schnell vertreibt. Das Haustier fungiert quasi als Datenschüt­zer. Warum die Sache mit der Post in Wahrheit nicht ganz so lustig ist, erfahren Sie in der Politik.

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