Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Täfertinger Schüler lernen nicht schwimmen
Sport Die Kinder im Neusässer Stadtteil haben im nahen Titania-Bad keinen Unterricht, weil es am Fachpersonal fehlt
Die Täfertinger Kinder haben im nahen Titania-Bad seit Jahren keinen Schwimmunterricht, weil es an der kleinen Grundschule an Fachpersonal fehlt. Warum das auf Kritik stößt und was die Verantwortlichen dazu sagen, das lesen Sie auf
Neusäß Wenn Günter Groll aus seinem Fenster in Täfertingen schaut, sieht er das Titania-Schwimmbad in nur einem knappen Kilometer Entfernung. Dieses Bad könnte man in seinen Augen ohne Probleme für den Schulsport nutzen. An der Grundschule im Neusässer Ortsteil wird allerdings schon seit einigen Jahren kein Schwimmunterricht mehr angeboten. Das findet Groll, der auch als Stadtrat tätig ist, „sehr schade“.
Das Thema Schwimmunterricht an der Grundschule komme immer wieder in den Bürgerversammlungen auf, weiß Groll. Deshalb hat er sich der Problematik angenommen und steht im Kontakt mit dem Schulamt. Man habe ihn in seiner Ansicht bestätigt, dass der Schwimmunterricht eigentlich zum Bildungsauftrag einer Schule gehöre. „In der letzten Antwort, die ich bekommen habe, hieß es, dass man sich bemüht“, so Groll.
Er betont: „In den Medien hört man immer wieder, dass es in Deutschland zu wenig Bäder gibt und immer weniger Kinder schwimmen können.“Die meisten Kinder würden mittlerweile zwar einen privaten Schwimmkurs besuchen, man sollte aber auch in der Schule schwimmen lernen. „Denn nicht alle Eltern achten darauf, dass ihre Kinder schwimmen können“, so Groll. Zahlen aus dem vergangenen Jahr geben ihm recht – 2017 betonte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, dass jeder zweite Grundschulabsolvent kein sicherer Schwimmer mehr sei.
Bastian Walcher ist Elternbeiratsvorsitzender der Täfertinger Grundschule und selbst Lehrer an einem Gymnasium in Augsburg. Er betont: „Der Aufwand und die Auflagen sind sehr hoch.“Es fehle oft an ausgebildeten Lehrern und Aufsichtspersonal. Auch an der Schule, an der Walcher selbst tätig ist, ist der Schwimmunterricht ein Problem: Die Schüler seien 90 Minuten unterwegs, um zehn Minuten schwimmen zu können, sagt er sehr überspitzt.
Auch Thomas Adleff, der stellvertretende fachliche Leiter am Schulamt Augsburg Land, weiß um die Situation in Täfertingen. „Damit kann man grundsätzlich weder aus elterlicher Sicht noch aus Sicht des Amtes zufrieden sein“, betont er. Er bestätigt: Keiner der Lehrer vor Ort habe die nötigen Zusatzqualifikationen. Bei einer kleinen Schule wie Täfertingen sei es außerdem nicht einfach, neues Lehrpersonal einzustellen. Man könne nicht einfach Stammpersonal von einer Grundschule abziehen. Die Möglichkeiten des Schulamts seien hier sehr eingeschränkt, so Adleff.
Auch Gabriele Kersting, die Schulleiterin der Täfertinger Grundschule, findet es sehr bedauerlich, dass es an ihrer Schule keinen Schwimmunterricht gibt. Sie sieht aktuell aber keine Möglichkeit, das zu ändern: „Das hängt von den Lehrern ab, die uns zugewiesen werden.“Sie sieht ein generelles Problem und hat selbst die Erfahrung gemacht, dass „die Schwimmfähigkeit der Kinder in der Grundschule immer weiter abnimmt“. Deshalb bedeute Schwimmunterricht für Schule und Lehrer nicht nur viel Aufwand, sondern auch eine große Verantwortung. Aus diesem Grund seien viele junge Lehrer nicht mehr bereit, den Schwimmschein zu machen, so Kersting.
Thomas Adleff vom Schulamt sagt: „Wir nehmen dieses Thema sehr ernst. Schwimmen ist eine Alltagskompetenz, und es darf nicht sein, dass Kinder an weiterführende Schulen kommen und nicht schwimmen können.“Laut Adleff haben sowohl die lokalen Schulämter und die Landesstelle für Sport mittlerweile reagiert und bieten verstärkt Fortbildungen an. Die Möglichkeit zur Weiterbildung werde auch wahrgenommen. „Oft gibt es Wartelisten“, so der Vertreter des Schulamtes. Er sieht nur eine Möglichkeit, wie in Täfertingen bald wieder Schwimmunterricht angeboten werden könnte: „Die Zusammenarbeit und Vernetzung der Schulen in Neusäß.“Konkret könnte ein für Schwimmunterricht ausgebildeter Lehrer von einer anderen Schule einige Stunden übernehmen. Spätestens zum kommenden Schuljahr will er zusammen mit den Schulen Möglichkeiten ausloten, wie auch die Täfertinger Grundschüler wieder Schwimmstunden bekommen können. »Kommentar