Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Diese Attacke ist ein Extremfall
den bereits 2011 aufgefallen. Nach einem Hinweis des Amtsgerichts hätte das Tier begutachtet werden sollen, das sei aber nicht passiert. Nach jetzigen Erkenntnissen hätte die Begutachtung dazu geführt, dass dem Besitzer die Haltung des Hundes verboten worden wäre. Die 52-jährige Frau war pflegebedürftig, ihr 27-jähriger Sohn schwer krank. Er hatte den Hund in einem Metallkäfig in seinem Zimmer gehalten und Nachbarn zufolge nur selten ausgeführt. Ein Rentnerpaar hatte den Tierschutzverein informiert, der bei zwei Besuchen 2014 und 2016 allerdings keine Vernachlässigung des Staffordshire-TerrierMischlings feststellte.
Einem Bericht der Bild zufolge erklärte der Geschäftsführer des Tierheims Hannover, Heiko Schwarzfeld, dass „der achtjährige Rüde angesichts der Vorgeschichte nicht mehr vermittelbar“sei. Dennoch hätten sich zahlreiche Hundeliebhaber beim Tierheim gemeldet, die Chico aufnehmen wollten.
Attacken wie die in Hannover kommen höchst selten vor. Jährlich sterben in Deutschland im Schnitt drei bis vier Menschen durch Hunde. Im Raum Augsburg seien wegen der bayerischen Kampfhundeverordnung auch Beiß-Unfälle „äußerst selten“, sagte Anton Spindler, öffentlich bestellter und beeidigter Hundesachverständiger aus Gablingen, unserer Zeitung. Nach der Attacke in Hannover war umgehend der Ruf nach strengeren Kontrollen für Hundebesitzer laut geworden.
Keine gute Woche für Hundebesitzer und deren Verhältnis zu Menschen, die ohne Hund leben. Die Tragödie um eine 52-jährige behinderte Rollstuhlfahrerin und ihren Sohn, die zu Hause in Hannover vom eigenen StaffordshireTerrier zu Tode gebissen wurden, wird die Ängste hundeferner Menschen in der Begegnung mit Vierbeinern weiter schüren.
Dabei hat die Tragödie von Hannover nichts mit dem Alltag zu tun. In Hannover wurde ein Hund so lange qualvoll in einen Käfig eingesperrt, bis ihm der letzte Rest Sozialverhalten ausgetrieben war. Ein deformiertes Wesen, das an einer kurzen Zündschnur lief. Warum hat das keiner gesehen? Wie so oft war auch hier der Hundebesitzer, nicht der Hund das Problem.
In der Folge wird die Tragödie die Ängste von Joggern, Radlern oder Müttern mit Kindern weiter befeuern. Mögen sie unberechtigt sein, wenn ein Spaziergänger einem alterschwachen Dackel begegnet, so ist es die Aufgabe des Hundebesitzers sie zu respektieren, den Hund abzurufen und an die Leine zu nehmen. Das misslingt gelegentlich, weil Waldi seinen eigenen Kopf hat und den Nordic Walker verfolgt. Dann hilft es, wenn sich der Hundebesitzer entschuldigt und der Verfolgte erst mal abwartet, ehe er auf die kommunale Leinenverordnung für diese „blöden Köter“verweist. So könnten auch wieder gute Hunde-Wochen kommen.