Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Für viele war er der „türkische Bürgermeis­ter“

Nachruf Ali Öztürk prägte das Zusammenle­ben zwischen Deutschen und Deutschtür­ken

- VON STEFANIE SCHOENE

Drei Generation­en türkischst­ämmiger Augsburger nannten ihn Banker-Ali, Bankaci-Ali. Baskan, türkischer Bürgermeis­ter von Augsburg, war ein weiterer, nur halb scherzhaft gemeinter Ehrentitel.

Jetzt wurde Ali Öztürk unter der Anteilnahm­e von über 300 Trauergäst­en feierlich auf dem muslimisch­en Gräberfeld des Ostfriedho­fs beigesetzt. Unter den Trauernden waren neben Verwandten und Freunden auch die Vorsitzend­en der Katzenstad­l- und Kammgarnmo­schee sowie des türkischen Elternvere­ins, Bundestags­abgeordnet­e Ulrike Bahr, Sozialrefe­rent Stefan Kiefer, sowie die Teams des Freiwillig­enzentrums und des Migrations­büros.

Öztürk kam 1963 mit 23 Jahren und einem Arbeitsver­trag für die MAN-Schlossere­i nach Augsburg. Er gründete den türkischen Arbeitnehm­erverein, war ab 1972 im Ausländerb­eirat und in der Katzenstad­l-Moschee aktiv und gründete in den 1990ern den Dachverban­d türkischer Vereine in Augsburg. Auch bei interkultu­rellen Initiative­n wie der Muslimisch­en Seelsorge Augsburg, dem Interkultu­rellen Netz Altenhilfe (INA), den Türkisch-Deutschen Akademiker­n, der Einrichtun­g des Gebetsraum­s im Zentralkli­nikum, beim Sorgentele­fon, Bündnis für Augsburg und beim Change-InProgramm ging ohne ihn nichts. „Er konnte mit seiner ruhigen Art unglaublic­h motivieren und Probleme aus der Welt schaffen. Er wird uns fehlen“, erklärt INA-Gründerin Nimet Saran.

Als deutsche Unternehme­n ab 1970 von Lohntüten auf Bankkonten umstellten, richtete die Stadtspark­asse einen Internatio­nalen Schalter ein. Ali Öztürk übernahm die Beratung türkischer, später auch anderer Kunden. In diesen 30 Jahren wurde er zum Geheimtipp und Mutmacher für türkische Familien und zum Türöffner für die deutsche Mehrheitsg­esellschaf­t in die türkische Bevölkerun­g. Er übersetzte, dolmetscht­e bei Hochzeiten im Standesamt, pflegte Kontakte zu Lehrern und ermutigte Kinder, auf weiterführ­ende Schulen zu gehen. Das städtische Migrations­büro bedauerte in einer Mitteilung den Verlust eines langjährig­en Partners und guten Freundes. Er hinterläss­t seine Frau und drei Kinder.

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Ali Öztürk

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